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Politik: Zuwanderung: Kleine Geschenke erhalten die Gastfreundschaft

Der Kampf kann lang werden. Die CSU will die CDU unbedingt auf ihren Ablehnungskurs gegenüber dem Schily-Entwurf zur Zuwanderung einschwören, meldete der "Spiegel" am Samstag.

Der Kampf kann lang werden. Die CSU will die CDU unbedingt auf ihren Ablehnungskurs gegenüber dem Schily-Entwurf zur Zuwanderung einschwören, meldete der "Spiegel" am Samstag. Und Saarlands Ministerpräsident Müller hält die Materie ohnehin für so kompliziert, dass in diesem Jahr keine Einigung mehr möglich sei, wie er dem Tagesspiegel sagte. Dabei drängt die Zeit. Denn wie der Fall der Familie Nguyen im brandenburgischen Guben beweist, ist rechtlich zurzeit nicht möglich, was politisch gewollt ist: Die Öffnung des Landes für qualifizierte Zuwanderer.

Im Fall Nguyen haben die Behörden getrickst. Und dieser Trick zeigt, wie schwer das geltende Recht an die neuen Wünsche anzupassen ist. Er ermöglichte es der vietnamesischen Familie Nguyen, dauerhaft in Deutschland zu bleiben, obwohl eigentlich Ausreisepflicht bestand. Die Feinheiten des Ausländerrechts durchblickt kaum noch jemand - niemand kam deshalb zunächst auf die Idee, den Trick anzuwenden.

Das deutsche Ausländerrecht kennt vier Arten der Aufenthaltsgenehmigung: Aufenthaltserlaubnis, -berechtigung, -bewilligung und -befugnis. Sie sind unterschiedlich stark und an unterschiedliche Rechte und Pflichten geknüpft. Im Gesetz steht dann zum Beispiel: "Die Aufenthaltsgenehmigung wird als Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn einem Ausländer der Aufenthalt ohne Bindung an einen bestimmten Aufenthaltszweck erlaubt wird."

Dass es so viele verschiedene Aufenthaltstitel gibt, macht die Dinge kompliziert. Deshalb will Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) die Vielfalt abschaffen und nur zwei Arten der Genehmigung festlegen: befristete und unbefristete.

Durch tadelloses Verhalten kann sich ein Ausländer sozusagen hocharbeiten und von Mal zu Mal stärkere Aufenthaltsgenehmigungen erwerben. Er beginnt mit einer Aufenthaltserlaubnis. Nach acht Jahren hat er Anspruch auf eine Aufenthaltsberechtigung. Dafür muss er allerdings weitere Voraussetzungen erfüllen: Er darf den Staat nichts kosten, muss mindestens fünf Jahre lang Sozialabgaben gezahlt haben, sich auf Deutsch verständigen können und strafrechtlich eine weiße Weste tragen. Die Berechtigung verschafft ihm Bleibe auf Dauer.

Auf diese Stufe gelangte Vater Nguyen trotz seiner hervorragenden Ausbildung nicht. Er war mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) nach Deutschland gekommen. Hier studierte und promovierte er. Für solche "Gäste" gibt es die Aufenthaltsbewilligung, einen schwachen und zweckgebundenen Titel. Ist der Zweck des Aufenthalts erfüllt, muss der Ausländer wieder gehen. Eine neue Aufenthaltsgenehmigung darf er zudem nur vom Ausland aus beantragen, frühestens ein Jahr nach seiner Ausreise.

Hier ist der Haken: Die gut ausgebildeten, jungen Hochschulabsolventen haben keine Chance, vom Inland aus ihren Aufenthalt in Deutschland zu verlängern. Familie Nguyen hätte schon vor Jahren ausreisen müssen, weil das Aufenthaltsrecht abgelaufen war. So rutschte sie in einen noch schwächeren Status: die Duldung. Als auch sie ablief, war die Familie unanfechtbar ausreisepflichtig. Durch die Flucht in das Kirchenasyl wurden die Nguyens praktisch Illegale.

Nun konnte nur noch der Trick helfen, eine kleine Ausnahme, für welche die Behörden in der Vergangenheit selten Verwendung hatten: Wenn ein "öffentliches Interesse" am Aufenthalt des Ausländers besteht, darf er eine neue Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Populär wie der Fall lag, bestätigte es die Industrie- und Handelskammer Cottbus umgehend. Doch selbst dann muss der Ausländer aus- und wieder einreisen. Deshalb muss Vater Nguyen nach Polen, um das Visum abzuholen. Das ist immerhin näher als Hanoi. Die neue Genehmigung gilt als Aufenthaltserlaubnis fünf Jahre. Dann kann sie verlängert werden, sogar vom Inland aus. Aber es kann auch sein, dass es vorher einfacher wird für Herrn Nguyen.

Fatina Keilani

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