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Zuwanderung: Koch beharrt auf Einbürgerungstest

Der Streit um einen Einbürgerungstest für Ausländer wird schärfer: Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat mit einem Alleingang gedroht, falls ein bundesweit einheitlicher Test am Widerstand der SPD-Länder scheitern sollte.

Berlin - Es gehe nicht an, dass die SPD in dieser Frage eine einheitliche Linie blockiere, sagte Koch vor einer Sitzung der CDU-Spitze in Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt auf eine bundeseinheitliche Regelung zur Einbürgerung. Die SPD bleibt bei ihrem Nein zu einem Fragebogen wie in Hessen.

Merkel sagte, die Einführung von Einbürgerungstests sei "im Grundsatz" richtig. Es müsse nun über verschiedene Vorschläge beraten werden. Regierungssprecher Thomas Steg betonte: "Die Erwartung ist da, dass die Innenminister der Länder sehr schnell versuchen, eine wirklich einheitliche Praxis in allen Ländern zu finden." Inwieweit allerdings ein Test eine Rolle spiele, werde auf der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern Anfang Mai in Garmisch-Partenkirchen diskutiert. Merkel hatte sich am Wochenende hinter die Pläne Hessens für einen Fragebogen gestellt.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält es für wünschenswert, dass sich die Innenminister darauf verständigen, "wie diese Tests in der Praxis umgesetzt werden können". Das sagte eine Ministeriumssprecherin. Die unionsgeführten Ländern sind sich nach Angaben von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) einig, dass Einbürgerungstests sinnvoll seien. Nordrhein-Westfalens Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU) betonte, ihm sei der Aspekt des "Zugangs zu Deutschland über die Sprache" außerordentlich wichtig.

Kritik von der SPD

Die Pläne stoßen zunehmend auf Widerstand in der SPD. Parteichef Matthias Platzeck lehnte Kochs Vorstoß ab. Dieses "Stadt-Land-Fluss-Spiel" sei "nicht zielführend", sagte Platzeck im Fernsehsender N24. Er warf Koch Wahlmanöver vor. In Hessen stehen an diesem Sonntag Kommunalwahlen an, in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wird ein neuer Landtag gewählt. Das CDU-regierte Hessen will einen Einbürgerungstest mit 100 Fragen zu Geschichte, Politik und Kultur einführen. In Baden-Württemberg gibt es seit Jahresanfang einen Test. Die Einbürgerung von Ausländern ist nach Angaben des Bundesamts für Migration von 2000 bis 2004 kontinuierlich zurückgegangen.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil betonte trotz Kritik am hessischen Fragebogen, dass einwanderungswillige Ausländer sich an die Verfassung halten müssten. "Wer deutscher Staatsbürger werden will, muss sich zu unserer Verfassung bekennen und muss möglichst die deutsche Sprache sprechen können." Ein bundesweit einheitliches Verfahren halte er aber "prinzipiell" für sinnvoll. SPD-Vize Kurt Beck sprach sich für Einbürgerungskurse, mehr Sprachkompetenz und Abfragen bei Verfassungsschutzbehörden aus. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla forderte die SPD auf, Alternativen vorzulegen.

Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz warnte die Union vor zunehmenden Hürden für Ausländer und nannte den Fragebogen klein kariert. "Wir sollten gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, die eine Einbürgerung eher erleichtern", sagte er der dpa. Grünen-Chefin Claudia Roth warf der Union eine "gefährlich falsche Politik" vor. Die Vorstellungen vergifteten das Zusammenleben in Deutschland.

"Populistische Schnellschüsse"

Der Zentralrat der Juden in Deutschland warnte vor "populistischen Schnellschüssen". Die Erfahrungen mit den Fragebögen hätten gezeigt, dass diese "zu Recht als eine Art kollektive Misstrauenserklärung" vor allem an Muslime gewertet würden, sagte Generalsekretär Stephan Kramer. "Dies schadet der dringend notwendigen Integration von Zuwanderern." Es sei jedoch eine legitime Forderung, Kenntnisse und Akzeptanz des Grundgesetzes und dessen Werten einzufordern.

Der hessische Fragebogen ist nach Ansicht des Deutschen Lehrerverbandes selbst für Deutsche eine Hürde. "Der Test erfordert ein Wissensniveau, das bei einem nennenswerten Teil der Schüler nicht erreicht wird", sagte Präsident Josef Kraus am Montag der "Netzeitung". Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat Bedenken gegen die Einbeziehung von Gesinnungsfragen in Einbürgerungstests. (tso/dpa)

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