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Politik: Zuwanderung: Nachverhandlungen

Obwohl er krank im Bett lag, dürfte Grünen-Chef Fritz Kuhn sich gefreut haben, als man ihn am Dienstag über die Nachrichten des Tages unterrichtete. Am Tag zuvor hatte der Parteirat der Grünen Otto Schilys Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz kategorisch abgelehnt, weil dieser "in hohem Maße unbefriedigend" sei.

Obwohl er krank im Bett lag, dürfte Grünen-Chef Fritz Kuhn sich gefreut haben, als man ihn am Dienstag über die Nachrichten des Tages unterrichtete. Am Tag zuvor hatte der Parteirat der Grünen Otto Schilys Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz kategorisch abgelehnt, weil dieser "in hohem Maße unbefriedigend" sei. Am Dienstag dann ließ der Innenminister erstmals erkennen, dass er ernsthafte Verhandlungen nicht nur mit der Union, sondern auch mit den Grünen führen wolle. Zu lange hatten die Grünen den Eindruck: Schily geht es ausschließlich um einen Konsens mit der Union, die Forderungen der Grünen aber lässt er links liegen. Die Drohung des Grünen-Parteirats hat gewirkt.

Eine kurzfristig für Dienstag anberaumte Pressekonferenz sagte Schily jedenfalls ebenso kurzfristig wieder ab. Die offizielle Begründung: Zunächst müsse es weitere Abstimmungsgespräche mit dem kleinen Koalitionspartner geben. Fast zeitgleich wurde bekannt, dass schon am Donnerstagabend auch die Koalitionsrunde im Kanzleramt tagen wird. Schröder will die Zuwanderung offensichtlich zur Chefsache machen. Mit den Fraktions- und Parteichefs von SPD und Grünen will der Bundeskanzler nun klären, wie der öffentlich ausgetragene Streit über Schilys Konzept beendet werden kann.

Dass es ein solches Treffen geben werde, war zwar schon vor der Sommerpause vereinbart worden. Dass es so früh stattfinden würde, war jedoch nicht geplant. Offensichtlich hat der Kanzler die Gefahr erkannt, die das Thema Zuwanderung für den Koalitionsfrieden birgt. Jetzt will er die rebellischen Grünen und den sturen Minister zur Raison rufen. Auf wessen Seite Schröder in dieser wichtigen innenpolitischen Frage steht, ist bislang unklar. Intern heißt es jedenfalls, der Kanzler wolle deutlich machen, dass ein Gesetzentwurf auch im Bundesrat eine Mehrheit durch Stimmen der Union brauche.

"Tief wurzelnder Streit"

Michael Glos interpretierte die Entwicklungen des Dienstag hingegen anders. "Offensichtlich macht der kleine Koalitionspartner Druck, und Bundeskanzler Schröder pfeift seinen Innenminister zurück", sagte der CSU-Landesgruppenchef ebenso hämisch wie spekulativ. Fundierter war da schon der zweite Teil seiner Analyse, in der er die spontane Absage von Schilys Pressekonferenz als Beleg für den "tief wurzelnden Streit zwischen SPD und Grünen in der Zuwanderungsfrage" wertete.

Deshalb versuchen die SPD-Strategen nun bereits im Vorfeld des Kanzlertreffens den Zwist zu entschärfen. Am Dienstag kam kurzfristig bereits eine Arbeitsgruppe von SPD und Grünen zu Beratungen zusammen. Beamte aus dem Innenministerium erläuterten den Zuwanderungsexperten beider Fraktionen den Gesetzestext. An der Sitzung nahmen auch SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler und Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller teil. Eigentlich sollte das Gremium erst ab nächster Woche tagen. Politische Verhandlungen habe es noch nicht gegeben, hieß es nach der Sitzung.

Markus Feldenkirchen

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