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Politik: Zuwanderungsgesetz: Vorhang zu

Die eindeutige Nachricht zuerst. Der Innenausschuss des Bundestages hat mit Stimmen der rot-grünen Abgeordneten das Zuwanderungsgesetz samt 58 Seiten Änderungsanträgen verabschiedet und beides an das Plenum weitergeleitet.

Die eindeutige Nachricht zuerst. Der Innenausschuss des Bundestages hat mit Stimmen der rot-grünen Abgeordneten das Zuwanderungsgesetz samt 58 Seiten Änderungsanträgen verabschiedet und beides an das Plenum weitergeleitet. Dort wird am Freitag in zweistündiger Debatte zunächst beraten, dann abgestimmt. Der Rest war reines Schauspiel. Zwar benötigte der Innenausschuss für seine letzte Beratung über das Zuwanderungsgesetz am Mittwoch gut acht Stunden. Ernste Verhandlungen, gar eine Annäherung in der Sache gab es indes nicht. Dafür Skurriles am Rande, das lediglich illustriert, wie festgefahren die Positionen bei Koalition und Union jeweils sind.

Zum Thema Hintergrund: Was die Union am neuen Gesetzentwurf von Rot-Grün kritisiert So beantragen die Unions-Vertreter nach drei Stunden, die Sitzung zu unterbrechen, weil ihnen aufgefallen war, dass die Koalition nicht vollständig ist. So stehen die Abgeordneten der Opposition vor der Tür, während SPD und Grüne drinnen ihre Leute herbeitelefonieren. "Skandalös, dass die Regierung bei einem solchen Projekt nicht in voller Stärke anwesend ist", schimpft CDU-Innenexperte Erwin Marschewski, als SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler gerade aus seinem Büro heraneilt. Dass aus seiner Fraktion sogar noch mehr Abgeordnete fehlen, verschweigt Marschewski. "Von dieser Ausschuss-Sitzung habe ich eh nur Klamauk erwartet. Deshalb wollte ich eigentlich fernbleiben", erläutert Nachzügler Stiegler später.

Die Union wolle alles verhindern, was der Koalition oder dem Kanzler zu einem Erfolg verhelfen könnte, berichtet Kollege Dieter Wiefelspütz aus der Sitzung. "Wir hätten für das Zuwanderungsgesetz auch das CSU-Parteiprogramm abschreiben können, die hätten immer noch zu allem Nein gesagt." Dabei passten die jüngsten Änderungen des Gesetzentwurfes auf die Forderungen des Bundesrates "wie der Deckel auf den Pott", findet Stiegler.

Das sieht die Union freilich anders. Änderungen wie beim Nachzugsalter für Kinder seien nur Augenwischerei, so das Gegenargument. Zwar sei das Alter nach den jüngsten Korrekturen tatsächlich von 14 auf 12 Jahre gesenkt worden. Zugleich habe Innenminister Schily aber so viele Ausnahmeregelungen und Kann-Bestimmungen eingebaut, dass faktisch auch ältere Kinder nachziehen könnten. Zudem kritisiert die Union im Verbund mit FDP und PDS, die Koalition habe ihren 58-seitigen Änderungskatalog zu spät vorgelegt, wolle die Opposition im Husch-Husch-Verfahren überfahren. Für ernsthafte Beratungen bleibe zu wenig Zeit. SPD und Grüne verweisen hingegen darauf, dass man in den vergangenen Monaten nun wirklich alles rauf und runter diskutiert habe. Deshalb lehnt sie den Oppositions-Antrag, die Bundestagsdebatte um weitere Wochen zu verschieben, ab. "Die Unionsfraktion hat sich auf ein klares Nein festgelegt, wir auf ein klares Ja. Wozu weiter verhandeln?" fragt Wiefelspütz rhetorisch. Es bleibt also beim Zeitplan: Am Freitag Bundestag, am 22. März Bundesrat. Das übliche Vermittlungsverfahren lehnen SPD und Grüne ab.

Bei ihrer klaren Nein-Danke-Haltung klammern sich Innenpolitiker der Union an eine von ihr selbst in Auftrag gegebene Studie des Allensbach-Instituts. Darin schreiben die Bürger den C-Parteien in der Ausländerpolitik eine hohe Kompetenz zu, großes Vertrauen jedenfalls, dass die Union bei der Einwanderung alles richtig macht. Dieses Vertrauen wollen die Parteistrategen nicht enttäuschen. Konkret heißt das: Man darf keinem Gesetz zustimmen, das die andere Seite als eigenen Erfolg verkaufen könnte. Die Anfang der Woche vorgelegten Änderungen des Gesetzentwurfes reichen dafür offenbar nicht aus. Deshalb die konsequente Blockade der Bundestagsfraktion. Deshalb der energische Versuch, auch alle Landes-Unionisten auf Linie zu bringen. Da kommt es gelegen, dass der brandenburgische Innenminister Schönbohm seinen Parteikollegen zugesichert haben soll, dem Gesetz auf keinen Fall als einziger CDU-Vertreter im Bundesrat zuzustimmen. Zumindest der saarländische Ministerpräsident Peter Müller müsste also mitmarschieren, damit Schönbohm am Ende nicht als einziger Abweichler dasteht. Getreu dem Motto: Gemeinsam ins Verderben.

Markus Feldenkirchen

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