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Politik: Zwangsarbeiter-Entschädigung: Bald - möglichst

"Bald" - das Wort haben die ehemaligen NS-Zwangsarbeiter schon häufig gehört, wenn sie nach ihren Entschädigungszahlungen fragten. Jetzt wird das "Bald" konkret.

"Bald" - das Wort haben die ehemaligen NS-Zwangsarbeiter schon häufig gehört, wenn sie nach ihren Entschädigungszahlungen fragten. Jetzt wird das "Bald" konkret. Die schätzungsweise 1,2 Millionen noch lebenden Opfer können darauf hoffen, dass sie ab Mitte Februar Geld für ihr Leiden bekommen. "Ich halte es für möglich, dass in der zweiten Hälfte des Monats die Zahlungen beginnen", sagt das Vorstandsmitglied der Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", Hans-Otto Bräutigam.

Voraussetzung dafür ist, dass die noch in den USA anhängigen Sammelklagen gegen die deutschen Banken Ende Januar abgewiesen werden und der Bundestag danach die Rechtssicherheit, also den Schutz vor weiteren Klagen, für die deutsche Wirtschaft offiziell "feststellt". So sieht es das im Sommer verabschiedete Gesetz vor. Zwar ist nicht hundertprozentig sicher, dass die amerikanischen Richter im Sinne der Unternehmen entscheiden. Doch alle Beteiligten sind zuversichtlich, dass es nach dem zwischen den USA und Deutschland geschlossenen Regierungsabkommen so kommen wird.

Bis dahin müssen auch die Verträge mit den sieben Partnerorganisationen in Israel, den USA und Osteuropa unter Dach und Fach sein. Bräutigam ist zuversichtlich, dass "wir in einigen Wochen soweit sind". Derzeit geht es in den Gesprächen um das heikle Problem der Auszahlungsmodalitäten in den jeweiligen Ländern. Nach Bräutigams Angaben zeichnet sich aber eine vertretbare Lösung bereits ab, die gleichermaßen Transparenz und Schnelligkeit gewährleistet.

Am fehlenden Geld werden die Entschädigungszahlungen nicht scheitern, auch wenn der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft weiterhin 1,6 Milliarden Mark von den versprochenen fünf Milliarden fehlen. "Die Stiftung ist schon heute auszahlungsfähig", betont Bräutigam. Zum einen, weil die fünf Milliarden Mark aus Bundesmitteln praktisch schon abrufbar sind. Zum anderen stehen ja auch die gesammelten 3,4 Milliarden Mark der Wirtschaft prinzipiell zur Verfügung - sofern die Rechtssicherheit tatsächlich kommt. Das Geld ist "geparkt". Die derzeit anfallenden Zinserträge sollen ebenfalls dem Entschädigungfonds zugute kommen. Auf diese Mittel ist die Stiftung auch angewiesen. Denn bisher ist immer noch nicht klar, wie viele Anträge gestellt werden. Möglicherweise sind es deutlich mehr, als vermutet wurde.

Insofern hat die Stiftung großes Interesse daran, dass die Wirtschaft rasch ihr Geld für die Zwangsarbeiter-Entschädigung zusammenbekommt. Doch weiterhin ist nicht abzusehen, wann und wie das der Fall sein wird. Dass die noch klaffende Lücke kurzfristig mit Krediten geschlossen wird, hat die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft am Freitag heftig dementiert. "Totaler Quatsch, Unfug. Solche Überlegungen gibt es nicht", schimpft Sprecher Wolfgang Gibowski. Die "Berliner Zeitung" hatte berichtet, die 17 Gründungsmitglieder der Initiative wollten über diesen Weg den zugesagten Anteil aufstocken.

Aus Sicht der Stiftungsinitiative ist der Unmut über solche Berichte verständlich. Eine Kreditaufnahme würde den Druck auf die vielen zahlungsunwilligen Firmen auf ein Minimum reduzieren. Daran kann den Gründungsmitgliedern, die ja bei der Zwangsarbeiter-Entschädigung stets von einer Solidaraktion der Wirtschaft sprechen, zumindest derzeit nicht gelegen sein. Und: Solche Spekulationen nehmen jedem Appell an Betriebe, sich am Fonds zu beteiligen, die argumentative Schlagkraft. So könnte es dem Vorstoß von Johannes Rau ergehen. Der Bundespräsident hat 1000 mittelständische Unternehmen in persönlichen Schreiben aufgefordert, der Stiftungsinitiative beizutreten. Eine "gute Aktion" nennt die Stiftung den Appell. Ob damit das fehlende Geld zusammenkommt, wird sich zeigen. Bald.

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