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Politik: Zwangsarbeiter-Entschädigung: NS-Entschädigung kann beginnen

Der Weg für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter ist endgültig frei. Der Bundestag stellte am Mittwoch mit einigen Gegenstimmen aus der Union ausreichende Rechtssicherheit der deutschen Industrie vor Sammelklagen in den USA fest.

Der Weg für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter ist endgültig frei. Der Bundestag stellte am Mittwoch mit einigen Gegenstimmen aus der Union ausreichende Rechtssicherheit der deutschen Industrie vor Sammelklagen in den USA fest. Damit steht der Auszahlung der Stiftungsgelder in Höhe von zehn Milliarden Mark nichts mehr im Wege. "Ein langer, mühsamer, oft enttäuschender Prozess ist zum Abschluss gebracht worden", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder. Neben dem Bund sind 6300 Unternehmen an der Stiftung beteiligt. "Es könnten noch mehr sein, es müssen noch mehr werden", sagte Schröder.

Der Kanzler betonte, es handele sich um "ein Zeichen der Genugtuung; wirkliche Wiedergutmachung ist kaum möglich". Der deutsche Chefunterhändler Lambsdorff habe sich "bleibende und unvergessliche Verdienste" erworben. Deutschland setze nun ein "weltweit beachtetes Zeichen". Die zweijährigen Verhandlungen waren von 68 in den USA anhängigen Schadensersatzklagen gegen deutsche Unternehmen wegen der Beschäftigung von Zwangsarbeitern ausgelöst worden.

Die Unionsfraktion hatte im Vorfeld sichergestellt, dass die Formulierungen des Beschlusses nicht suggerieren, die Bundestagsparteien hätten aus eigenem Urteil heraus auf ausreichende Rechtssicherheit erkannt. Aus Sicht der Union war die Zustimmung nur möglich, weil im Entschließungstext Bezug auf die Erklärung der Industrie-Stiftung und Lambsdorffs genommen wird, die Rechtsfrieden für gegeben halten.

Lambsdorff sagte, mit der Auszahlung der insgesamt zehn Milliarden Mark Stiftungsgeld sei ein finanzieller Schlussstrich "unter das dunkelste Kapitel unserer Geschichte" gezogen worden, einen "moralischen Schlussstrich kann und darf es nicht geben". Die Dauer der mehrfach beinahe gescheiterten Verhandlungen kommentierte der Ex-Wirtschaftsminister mit den Worten, er halte seine "dritte letzte Rede vor dem Deutschen Bundestag", was nicht darauf zurückzuführen sei, dass er sich als "alternde Operndiva" verstehe.

Lambsdorff sagte, es sei ein "Wunder", dass letztlich alle Beteiligten der Stiftungslösung als Entschädigungsmodell zugestimmt hätten. Lambsdorff entschuldigte sich bei jenen, "für die unsere Arbeit zu lange gedauert" hat. "Die Verzögerungen waren und sind schmerzlich, weil wir viele der Opfer nicht mehr lebend erreichen konnten."

SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte, die Freigabe der Entschädigung für rund 1,5 Millionen ehemalige Zwangsarbeiter stelle eine bedeutende und historische Stunde des deutschen Parlamentarismus dar. Rot-Grün habe geschafft, was alle Vorgängerregierungen "nicht geschafft oder versäumt" hätten. "Die Auszahlung wird drei bis vier Jahre dauern", sagte der innenpolitische SPD-Fraktionssprecher Dieter Wiefelspütz.

Tschechiens Außenminister Jan Kavan zeigte sich in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel erleichtert darüber, dass die Zahlungen an die noch lebenden Opfer endlich beginnen können. Er betonte zugleich, dass die ganze, inzwischen eingelaufene Zinssumme den ehemaligen Zwangsarbeitern zustehe - und nicht nur hundert Millionen, wie die deutsche Wirtschaft behauptet.

rvr, loe

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