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Kostenrisiken verschwiegen: Zweifel an Zahlen der Bahn zu Stuttgart 21

Das Bahnprojekt Stuttgart 21 droht zum Finanzierungsskandal zu werden. Die Vorwürfe gegen die Bahn, mögliche Kostenrisiken verschwiegen zu haben, erhärten sich.

Dies geht aus Akten hervor, die der Ministerialdirektor im baden-württembergischen Verkehrsministerium, Hartmut Bäumer, am Donnerstag in Stuttgart präsentierte. Die Papiere belegen zugleich, dass die frühere schwarz- gelbe Landesregierung noch kurz vor der letzten Möglichkeit, aus dem Finanzierungsvertrag auszusteigen, an den Zahlen der Bahn zweifelte. Trotzdem hielt die Regierung von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) an dem Projekt fest.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte nachprüfen lassen, zu welchem Zeitpunkt das Ministerium über Kostensteigerungen informiert gewesen war. Mehrere Medien hatten zuvor berichtet, die Bahn habe dem Bundestag milliardenschwere Mehrkosten für den Bau der Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm verschwiegen. Die Gesamtkosten für das Projekt – der Tiefbahnhof in Stuttgart sowie die Neubaustrecke – werden bisher auf insgesamt 6,9 Milliarden Euro berechnet, die von Bund, Land und Bahn finanziert werden.

Laut Bäumer hatte das Verkehrsministerium noch vor dem letztmöglichen Zeitpunkt für einen Ausstieg aus dem Finanzierungsvertrag im Dezember 2009 befürchtet, dass der finanzielle Risikopuffer nicht ausreicht und finanzielle Forderungen auf das Land zukommen könnten. Das Ministerium habe immer wieder von der Bahn Fakten gefordert, um die Plausibilität der realen Kostenentwicklung prüfen zu können. Diese stünden bis heute aus.

Laut Bäumer war in der Angelegenheit sogar ein Anwalt mit der Prüfung einer möglichen „arglistigen Täuschung“ beauftragt worden. Wer ihn beauftragt habe und zu welchem Votum er gekommen sei, sei nicht vermerkt. Die Durchsicht der Akten habe auch ergeben, dass der Landesregierung die Kostensteigerungen bei der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm bereits 2002 bekannt gewesen seien, sagte Bäumer. Das Land habe diese Zahlen vertraulich behandelt. „Damals gab es ein Interesse, dass diese Zahlen nicht veröffentlicht wurden“, sagte der im Mai neu eingesetzte Ministerialdirektor. Das Verkehrsministerium geht mittlerweile von einer deutlichen Kostensteigerung aus. Die Bahn beteuerte, sie habe kontinuierlich über die Kosten des Projekts informiert. Die Verlautbarungen des Verkehrsministeriums seien ein weiteres Beispiel dafür, dem Projekt mit höchst fragwürdigen Methoden schaden zu wollen. (dapd)

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