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Politik: Zweite Wahl für Dritte Welt?

Berlin - Es geht um viel. Das Wort von der Richtungsentscheidung kommt Reinhard Hermle zwar nicht über die Lippen.

Von Michael Schmidt

Berlin - Es geht um viel. Das Wort von der Richtungsentscheidung kommt Reinhard Hermle zwar nicht über die Lippen. Aber ein Blick auf die entwicklungspolitisch relevanten Passagen der Wahlprogramme der Parteien zeige doch beachtliche Unterschiede auf, sagt der Vorsitzende des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (Venro) anlässlich der Veröffentlichung einer vergleichenden Analyse der Parteiprogramme.

Die größte inhaltliche Nähe sähen die 100 Venro-Mitgliedsorganisationen zum Programm der Grünen, das vor Festlegungen nicht zurückschrecke: sei es bei der Kerosin-, sei es bei einer Devisentransaktions-, sprich Tobin-Steuer. In diesen Fragen hielten sich die anderen Parteien deutlich zurück, sagt Hermle. Sehr zu seinem Ärger. Und seiner Verwunderung.

So halte zwar auch die Union an dem Ziel fest, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungspolitik zur Verfügung zu stellen – allerdings mit der „entscheidenden Einschränkung“, wenn Wirtschafts- und Haushaltslage das zuließen. Das sei „die größte Schwäche des Unionsprogramms“, sagt Hermle, dass es die Frage nach neuen Finanzquellen nicht ernsthaft angehe. „Wie man dann die Entwicklungspolitik, wie angekündigt, personell und finanziell noch stärken will, das kann ich nicht erkennen“, sagt Hermle.

Dagegen begrüßt er die von CDU und CSU avisierte Konzentration auf bestimmte Sektoren und Länder. „Wenn das so kommt, ist das gut“, sagt Hermle, „denn die sozialen Grunddienste, Gesundheit, Bildung und ländliche Entwicklung hat Rot-Grün vernachlässigt. Hier wären Korrekturen richtig.“ „Problematisch“ findet Hermle den Unionsvorschlag, Entwicklungspolitik solle stärker in politische und militärische Strategien eingebunden werden und in größerem Maße den außenpolitischen und wirtschaftlichen Interessen Deutschlands dienen. Sympathien lässt Hermle für das rot-grüne Konzept multilateraler Politik erkennen, die sich auf internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und die Europäische Union stützt. „Da wird Entwicklungspolitik frei von nationalen Interessen geleistet, darin liegt ihre Stärke“, sagt Hermle.

Die Programme von FDP und Linkspartei sind Hermle nur wenige Worte wert. Die Linkspartei erschöpfe sich weitgehend in Fundamentalkritik am Neoliberalismus. Die FDP erwarte sich von der Stärkung der Marktkräfte und einer Förderung von Wachstum quasi automatisch mehr Entwicklung. Und macht sich im Übrigen für eine Abschaffung des Ministeriums für Zusammenarbeit und dessen Eingliederung ins Auswärtige Amt stark. Dazu Hermle knapp: „Das ist nichtunserePosition.“

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