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Politik: Zweiter Versuch für EU-Verfassung

Neue Mitte-links-Regierung in den Niederlanden stellt Koalitionsvertrag vor

Neue Mitte-links-Regierung in den Niederlanden stellt Koalitionsvertrag vor Neue Mitte-links-Regierung in den Niederlanden stellt Koalitionsvertrag vor

Die neue Mitte-links-Koalition in den Niederlanden hat den Weg frei gemacht für eine Neuauflage der Europäischen Verfassung. Das Bündnis aus Christ-, Sozialdemokraten und der Christenunion will ein weiteres Referendum zu einem veränderten Verfassungstext vermeiden. „Die Chancen auf eine Zustimmung sind so wesentlich höher. Ein neues Referendum würde höchstwahrscheinlich wieder zu einem ,Nein‘ führen“, heißt es aus Politikkreisen in Den Haag.

Drei Monate nach den Wahlen haben die Niederländer endlich wieder eine Regierung, die weiterhin der Christdemokrat Jan Peter Balkenende leiten wird. Außerdem sind die Sozialdemokraten und die Christenunion an dem Bündnis beteiligt. Gemeinsam stellten sie am Mittwoch in Den Haag den Koalitionsvertrag vor – und der bringt auch Hoffnung für einen neuen EU-Vertrag. Alle drei Parteien hatten vor dem negativen Referendum im Juni 2005 die EU-Verfassung befürwortet, sich dann aber der Volksentscheidung gebeugt. Nun soll der Text eine zweite Chance bekommen. Allerdings müsse er sich „in Name, Inhalt und Umfang“ von der bisherigen Version unterscheiden, heißt es im Koalitionsvertrag. Der Begriff „Verfassung“ soll ganz wegfallen. Sonst schreibt die niederländische Verfassung nämlich eine Volksabstimmung vor.

Der harte Wahlkampf schien am Mittwoch in Den Haag vergessen. Premier Balkenende und sein bisher stärkster Konkurrent, der Sozialdemokrat Wouter Bos, standen einträchtig beieinander. „Es ist ein interessantes Abenteuer zu sehen, wie drei Parteien, die in der Vergangenheit uneins waren, miteinander arbeiten. Aber es funktioniert“, sagte Balkenende.

Seine Christdemokraten waren bei den Wahlen im November zwar wieder stärkste Kraft geworden, konnten aber die bisherige Koalition mit den Liberalen nicht fortsetzen. Stattdessen hat Balkenende nun Bos mit im Boot. Der Sozialdemokrat wird neuer Vizepremier und soll vermutlich den Posten des Finanzministers übernehmen. Noch sind die einzelnen Ministerien nicht vergeben, aber schon jetzt ist klar, dass die Politik der neuen Regierung wesentlich sozialer angehaucht sein wird als der bisherige harte und liberale Reformkurs von Jan Peter Balkenende. So soll zum Beispiel die Privatisierung des Amsterdamer Flughafens und der Krankenhäuser gestoppt werden. Die bisherige Regierung wollte das Gesundheitssystem vollständig liberalisieren.

Sieben Milliarden Euro will die Koalition in den kommenden vier Jahren mehr ausgeben – vor allem für eine verbesserte Kinderbetreuung, die Reintegration von Arbeitslosen und für Problemviertel in Großstädten. 1,8 Milliarden sind für Bildung und Forschung vorgesehen. Die Kaufkraft soll mit 1,3 Milliarden gestärkt werden. „Wir bauen an einer dynamischen und sicheren Wirtschaft für die Niederlande“, sagte Balkenende. Bis 2011 will die Koalition einen Haushaltsüberschuss von 1,1 Prozent erwirtschaften.

Ruth Reichstein[Brüssel]

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