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Zypern: Testfall Kosovo

Türkische Zyprer hoffen auf ein Ende der Isolation, wenn sich die serbische Provinz für unabhängig erklärt. Die Regierung im griechisch kontrollierten Süden der Insel sträubt sich deshalb gegen eine Anerkennung..

Politiker auf der Mittelmeerinsel Zypern blicken dieser Tage mit besonderem Interesse auf den Balkan: Wann werden die Albaner im Kosovo ihre Unabhängigkeit erklären? Und wie schnell wird der neue Staat internationale Anerkennung finden? Die Entwicklung der abtrünnigen serbischen Provinz, die seit 1999 von den Vereinten Nationen verwaltet wird, könnte für die Zukunft Zyperns von Bedeutung sein – ein Testfall, sozusagen.

Die türkischen Zyprer im Norden der Insel hoffen, dass eine Unabhängigkeitserklärung des Kosovo auch ein Ende der internationalen Isolierung Nordzyperns einleiten könnte. Aus demselben Grund sträubt sich die zyprische Regierung im griechisch kontrollierten Süden der Insel vehement gegen eine Anerkennung des Kosovo. Zyperns Regierungssprecher Vassilis Palamas: „Gott bewahre! Wir werden Kosovo nicht anerkennen, selbst wenn alle anderen EU-Staaten es tun sollten!“ Die im griechischen Süden der geteilten Insel erscheinende Zeitung „Cyprus Mail“ brachte die Befürchtungen auf den Punkt: Das Kosovo sei ein zweites Nordzypern. In beiden Fällen handele es sich um einen von einer ethnischen Minderheit bewohnten, abtrünnigen Landesteil, der nach kriegerischen Auseinandersetzungen der Kontrolle der völkerrechtlich anerkannten Regierung entzogen sei und nach Unabhängigkeit strebe.

Bei allen Unterschieden zwischen dem Kosovo und Nordzypern gibt es tatsächlich Parallelen: Die türkische Armee besetzte im Sommer 1974 Nordzypern, um die auf der Insel lebenden Türken zu schützen. Sie fürchteten ihre Vertreibung, nachdem die griechische Obristenjunta den Inselpräsidenten Erzbischof Makarios III. gestürzt hatte und die Annexion Nordzyperns vorbereitete. Die Türkei intervenierte also auf Zypern aus dem gleichen Grund, wie später die Nato im Kosovo: um drohende ethnische „Säuberungen“ zu verhindern.

Ob Kosovo tatsächlich ein Testfall für Zypern wird, wird sich zeigen. Im Nordteil der Insel, der bisher nur von Ankara anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“, keimt jedenfalls die Hoffnung auf ein Ende der internationalen Isolation, die Nordzypern vor allem wirtschaftlich stranguliert. Sie wird von den Zyperntürken deshalb als besonders ungerecht empfunden, weil sie 2004 dem Vereinigungsplan der Vereinten Nationen zustimmten, während die griechischen Zyprer damals gegen den Vorschlag entschieden. Seither sind die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung zum Stillstand gekommen.

„Wenn die diplomatischen Bemühungen erschöpft sind, kommen andere Alternativen auf den Tisch“, sagt Özdil Nami, Delegationschef der türkischen Zyprer für die Verhandlungen mit der EU und den UN. „Wir sehen das jetzt im Kosovo, wo die Diplomatie am Ende ist und andere Formeln entwickelt werden.“ 2008, glaubt Namit, sei die letzte Möglichkeit für eine Zypernlösung. Wenn die Inselgriechen es nicht für eine Verhandlungslösung nutzten, müsse man über Alternativen nachdenken.

Mehr denn je drängen die türkischen Zyprer deshalb nun darauf, dass die Zyperngriechen ihr Wirtschaftsembargo gegen den Norden aufheben und die EU Nordzypern endlich den direkten Handel mit Drittstaaten ermöglicht. Bisher scheiterte dies am Widerstand der Zyperngriechen, die darin einen ersten Schritt zur Anerkennung des Inselnordens sehen.

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