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Zypern: Wahlergebnis stört türkische EU-Politik

Der Sieg des Nationalisten Eroglu auf Zypern ist ein Rückschlag für die Bemühungen um eine Wiedervereinigung der in einen griechischen und einen türkischen Teil geteilten Insel - und wird zum Problem für die Türkei.

Der türkische EU-Minister Egemen Bagis hatte es kommen sehen: Sollte der Nationalist Dervis Eroglu bei den Wahlen im türkischen Teil von Zypern gewinnen, „dann wird es kompliziert“, sagte er bereits vor sechs Wochen. Nun ist es soweit: 50,9 Prozent der 165 000 Wähler stimmten am Sonntag für Eroglu als neuen Volksgruppenführer der Inseltürken, nur rund 43 Prozent für den EU-Anhänger Mehmet AliTalat. Damit drehte das Wahlvolk die politischen Verhältnisse um: Vor fünf Jahren hatte Talat seinen Herausforderer noch mit mehr als 30 Prozentpunkten besiegt.

Eroglus Sieg ist ein Rückschlag für die Bemühungen um eine Wiedervereinigung der in einen griechischen und einen türkischen Teil geteilten Insel. Zwar erklärte der 72-jährige Eroglu noch am Wahlabend, er wolle die vor zwei Jahren begonnenen Verhandlungen mit der griechischen Inselrepublik fortführen. Doch er hat Zweifel am Hauptprinzip dieser Verhandlungen – der Vereinigung von Griechen und Türken unter dem Dach eines Bundesstaates mit einer einzigen staatlichen Souveränität. Eroglu favorisiert einen lockeren Staatenbund von zwei weitgehend souveränen Teilstaaten, bei dem von einem vereinigten Zypern kaum die Rede sein könnte. Nun will er mit den Griechen erneut über zwei souveräne Staaten auf Zypern sprechen, was diese wahrscheinlich ablehnen werden.

Die Mehrheit der Wähler im türkischen Sektor von Zypern unterstützte Eroglu in dieser Haltung und stürzte mit einem Rechtsruck den bisherigen Volksgruppenführer Talat. Der politische Umschwung hatte sich bereits bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr angedeutet, als Eroglus Partei UBP stärkste Kraft wurde. Seitdem fungiert Eroglu zum dritten Mal in seiner langen Karriere als Regierungschef des türkischen Inselteils. Nun verdrängt er Talat aus dem höchsten Amt in der nur von Ankara anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“ (KKTC).

Nicht nur für die UNO als Ausrichterin der Friedensgespräche ist das eine schlechte Nachricht: Die Türkei als Schutzmacht der türkischen Zyprer hatte ganz offen Talat unterstützt. Um den Friedensprozess auf der Insel nicht zu verlangsamen, was wohl drastischen Auswirkungen auf die türkischen EU-Beitrittsverhandlungen haben könnte, dürfte die Türkei Eroglu nun unter Druck setzen. Denn die KKTC ist politisch, wirtschaftlich und militärisch völlig von der Türkei abhängig. Auch ein symbolischer Teilabzug türkischer Truppen aus Zypern wird erwogen. Für Premier Recep Tayyip Erdogan, der im kommenden Jahr selbst Wahlen bestehen muss, wäre das innenpolitisch riskant, weil der Schritt von türkischen Nationalisten als Geste der Unterwerfung unter den Willen Griechenlands gebrandmarkt würde.

1974 hatten türkische Truppen den Anschluss der Insel an Griechenland verhindert.

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