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Brandenburg: Polizei zerschlägt Autoschieber-Ring

Ermittlungsgruppe „Schrauber“ hob vier Werkstätten aus, in denen Litauer gestohlene Wagen auseinandernahmen

Potsdam. Nach monatelangen Ermittlungen hat die Potsdamer Kriminalpolizei vier litauische Autoschieber-Banden hochgehen lassen. 17 Tatverdächtige seien ermittelt worden, sagte Kripo-Chef Roger Höppner am Montag. Sieben von ihnen waren auf frischer Tat ertappt worden. Fünf Litauer sitzen bereits in Haft. Die Autoschieber hatten in leer stehenden Fabrikhallen in dünnbesiedelten Gebieten Brandenburgs Luxuswagen zerlegt, die sie zuvor in Berlin, Hamburg und anderen deutschen Großstädten gestohlen hatten.

In Einzelteilen wurden die Autos dann per Lastwagen nach Litauen und weiter nach Russland, Lettland oder in die Ukraine gebracht. Die Polizei konnte Pkw und Lkw im Gesamtwert von 3,3 Millionen Euro sicherstellen. Den Tätern drohen nun Haftstrafen von bis zu zehn Jahren.

Der Erfolg geht auf das Konto der im vergangenen Mai gegründeten Ermittlungsgruppe „Schrauber“: Fünf Polizisten fahndeten seit Mai nach den Autoschiebern. Nach Hinweisen von Bürgern fanden sie in Zehlendorf (Landkreis Oberhavel) eine Werkstatt in einem Pleite gegangenen Metallbetrieb, weitere in Döberitz (Havelland), in Blumenthal (Ostprignitz-Ruppin) und in Börnicke (Havelland), wo zwei Litauer beim Zersägen eines Mercedes erwischt wurden.

Die Täter seien höchst professionell vorgegangen, sagte Kripo-Chef Höppner. „Wenn ein Wagen um Mitternacht gebracht wurde, war er früh um fünf zerlegt.“ Dann seien alle Teile „bis zur kleinsten Schraube“ in Lastwagen nach Litauen gebracht und die Autos dort wieder zusammengeschweißt. Um das überwiegend nächtliche Treiben zu tarnen, waren die Fenster der Gebäude abgeklebt und die Türen schalldicht isoliert, erklärte Ermittler Jens Marschallek. Das Know-how, wie man die komplizierte Elektronik der Nobelkarossen in nur vier bis fünf Stunden unversehrt auseinander nimmt, haben die Litauer sich von den Polen „abgeschaut“, die früher den Markt beherrschten, so Marschallek. Inzwischen lassen die polnischen Hintermänner offenbar die Litauer die „Drecksarbeit“ in Deutschland machen. Zumeist lebten die Schieber in denselben Werkstatthallen, in denen sie die Autos zerlegten. Die einzelnen Gruppen arbeiteten unabhängig voneinander, hätten aber vermutlich einen gemeinsamen Auftraggeber. Ausgehobene Banden würden schnell wieder ersetzt, sagte Marschallek. Kripo-Chef Höppner appellierte an die Brandenburger, der Polizei Verdächtiges zu melden. Im Übrigen müssten mindestens die Vermieter der Hallen mitbekommen haben, welchen illegalen Geschäften ihre Mieter nachgingen.

Um die Autoschieber künftig effizienter bekämpfen zu können, will Kripo-Chef Höppner im Potsdamer Polizeipräsidium ein neues, fünftes Kommissariat gründen. Dies würde eine weitere Korrektur der Brandenburger Polizeireform bedeuten. In deren Zuge war die Bearbeitung der Bandenkriminalität eigentlich an die Schutzbereiche abgegeben worden. Doch Kriminalität, die über den Schutzbereich hinausgeht, „kann auch nur durch überregionale Ermittlungen bekämpft werden“, begründete Höppner die Einführung der Ermittlungsgruppe.

In Brandenburg wurden im Jahr 2002 laut Kriminalstatistik 4908 Autos als gestohlen gemeldet, in Berlin waren es 8346 Autos. Den dabei entstandenen Schaden schätzt die Polizei auf 60 Millionen Euro. Auffällig gestiegen ist die Schadenshöhe pro gestohlenem Wagen: Lag sie in 2001 im Durchschnitt bei 8849 Euro, waren es 2002 schon 10078 Euro.

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