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Auf dem Parkplatz. Die Sparvorgaben von Rot-Rot könnten dazu führen, dass weniger Blau auf den Straßen zu sehen ist. Foto: ddp

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Polizeireform in Brandenburg: Weniger Wachen, weniger Funkstreifen

Die Polizeireform hat offenbar weitreichendere Folgen als vom Innenministerium angekündigt. Neben Schließungen von Wachen werden auch Einsparungen von Streifenwagen nicht mehr ausgeschlossen.

Potsdam - Bei der Polizeireform im Land Brandenburg drohen neben der Schließung vieler Tag-und Nacht-Wachen weitere dramatische Folgen. Selbst die Einsparung von Streifenwagen ist nicht mehr ausgeschlossen, wenn die Vorgabe von Innenminister Dietmar Woidke umgesetzt wird, 1900 der 8900 Stellen bis zum Jahr 2020 abzubauen. Dieser hält an einem entsprechenden Beschluss fest, den sein Vorgänger Rainer Speer (ebenfalls SPD) getroffen hat. Es werden wohl „deutlich weniger“ Streifenwagen unterwegs sein können als jetzt, hieß es am Montag aus Kreisen der Aufbaustäbe für das neue Landespolizei-Präsidium und der vier Direktionen. Die erarbeiten gerade unter der Maßgabe, dass am Ende jede fünfte Stelle weg ist, konkrete Vorschläge für Woidke.

Danach gibt es Modelle, nach denen mit den dann verbleibenden Streifenpolizisten im ganzen Land noch rein rechnerisch 124 Funkstreifenwagen rund um die Uhr im Einsatz sein können statt jetzt 160 bis 180, in „ruhigeren“ Zeiten, etwa in der Nacht, 40 statt bisher 60. Hinzu kommt, dass ein Teil der Wagen tagsüber benötigt wird, beispielsweise für Gefangenentransporte.

Die Entwicklung birgt Zündstoff. Schon die geplante Schließung von Polizeiwachen, auf die sich die Debatte einseitig konzentrierte, hat im Land für erhebliche Unruhe gesorgt. Bei einer Volksinitiative sammelte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in kürzester Zeit über 90 000 Protest-Unterschriften. Die rot-rote Koalition hat noch nicht entschieden, wie sie damit umgeht, ob sie die Initiative einfach im Landtag ablehnt. Jetzt rücken weitere nicht weniger gravierende Begleiterscheinungen ins Blickfeld. So hatte Woidkes Vorgänger Speer betont, dass es bei der Zahl der landesweit eingesetzten Streifenwagen keine Abstriche geben soll. „Diese Vorgabe gilt auch für den neuen Minister“, sagte Ministeriumssprecher Ingo Decker. „Wasserstandsmeldungen“ aus den Aufbaustäben kommentiere man nicht. Das Ministerium warte deren Strukturvorschlag ab. Woidke werde dann entsprechend einem Beschluss des Landtages Ende Mai sein Konzept vorlegen, wie Brandenburgs Polizei mit 7000 Stellen im Jahr 2020 Sicherheit gewährleistet. „Es ist nichts entschieden, bevor der Minister entschieden hat.“

Im Detail wird es in jedem Fall ein Politikum. So hat Woidke zwar die radikalen Pläne Speers abgemildert, der fast jede zweite 24-Stunden-Wache – derzeit gibt es 50 – schließen wollte. An den Standorten sollen nun „Reviere“ bleiben, allerdings die meisten nicht rund um die Uhr besetzt. Wenn er derlei Zugeständnisse macht, so Woidkes  Dilemma, muss er anderswo Lücken reißen. Nach Ideen aus den Aufbaustäben soll die Autobahnpolizei reduziert werden, mindestens um ein Viertel, im härtesten Fall um 50 Prozent, womit sie als „eigenständige“ Institution keinen Sinn mehr hätte. Das gleiche gilt für die Wasserschutzpolizei, „wo der Abbau auf 50 Prozent“ zulaufe, hieß es. Damit könne nur noch die Berufsschifffahrt, nicht aber mehr der wachsende Sportbootverkehr kontrolliert werden.

Und nicht nur die Gewerkschaft der Polizei (GdP), auch die Opposition lauert auf die Stunde der Wahrheit. „Wenn das passiert, wird die Platzeck-Regierung ihr Versprechen, dass es bei der Präsenz der Polizei auf dem flachen Land keine Verschlechterungen gibt, nicht halten können“, sagt etwa der CDU-Innenexperte Sven Petke, härtester Kritiker der Polizeireform. Er prophezeit, dass die Bürger vor Ort dies, wie jetzt schon sichtbar in den Grenzregionen, „zuerst bei der Alltagskriminalität“ spüren werden. „Es wird länger dauern, bis die Polizei eintrifft“, sagt Petke. „Oder man versucht bei kleineren Delikten die Leute schon am Telefon abzuwimmeln.“

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