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Brandenburg: Potsdam zwischen Ärger und Trotz

Nach dem Scheitern der Bewerbung zur Kulturhauptstadt: Die Mühe soll nicht umsonst gewesen sein

Potsdam - Nach der Niederlage geht der Blick nach vorn. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hofft, dass nach dem Ausscheiden Potsdams als Bewerber für die europäische Kulturhauptstadt 2010 der Schwung der vergangenen Monate anhält. Obwohl die Begründung der Jury für die Entscheidung zugunsten Essens und Görlitz’ so klinge, als habe Potsdam schon jetzt „zu viel Kultur“ und könne daher auf den Titel verzichten, appellierte Platzeck an die Kulturinitiativen der Stadt, ihr Engagement fortzusetzen. Jury-Mitglied Adolf Muschg hatte das Votum so begründet: „Wir suchten eine Stadt, die nicht nur Kultur hat, sondern die Kulturstadt sein muss, um zu überleben.“

Fides Mahrla von der Bürgerinitiative Kulturhauptstadt sagte, dass zumindest eine für Mai geplante Kunstinstallation auf dem Luisenplatz auf jeden Fall stattfinden werde. Zwar habe der Verein nun sein Hauptziel verloren, doch solle das bürgerliche Engagement der Mitglieder weiter laufen. Darüber werde in den kommenden Wochen auf einer Mitgliederversammlung entschieden.

Der PDS-Fraktionsvorsitzende in der Stadtverordnetenversammlung und Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg setzt ebenfalls auf eine anhaltende Dynamik. Potsdam habe insgesamt eine gute Figur gemacht und sei bundesweit mit seinen kulturellen Reizen bekannter geworden, sagte Scharfenberg. Schon deshalb würden künftig noch mehr Touristen in die Stadt kommen. Kritik äußerte Scharfenberg an der zu starken Ausrichtung der Bewerbung auf die Innenstadt. „Vielleicht hätte weniger auf die Wiederherstellung von Potsdams historischer Mitte, sondern mehr auf die generellen Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt gesetzt werden sollen“, sagte der PDS-Politiker.

Schärfere Kritik kommt von der CDU. Die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche sieht die Gründe für das frühzeitige Scheitern vor allem „in den Planungsdefiziten und der mangelnden Einbindung der Bürger in die Bewerbung“. Nachdem Potsdam zuvor schon den Titel „Stadt der Wissenschaft“ verpasst habe, dränge sich nun der Eindruck auf, „dass beide Bewerbungen mit wenig Herzblut und einem gewissen Maß an Selbstüberschätzung betrieben wurden“, sagte Reiche. So seien „dringend benötigte finanzielle Zuwendungen“ verspielt worden. Der CDU-Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch bezeichnet „den zweiten Bewerbungsflop“ als „sehr ärgerlich“. Als Grund sieht er „unprofessionelles Kulturmanagement“ der Verwaltung und „die eigenmächtige und egozentrische Bewerbungsaktion“ durch die Rathausspitze und die Kulturhauptstadt GmbH. Niekisch kritisiert zudem die „laienhaften Werbefilme“ und die mangelnde Zusammenarbeit mit Landtagsabgeordneten.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wies darauf hin, dass einige Projekte der Kulturhauptstadt GmbH wie eine für September geplante internationale Medientagung und ein Wettbewerb, bei dem Potsdamer ihre Stadt filmen sollen, nicht abgesagt würden. Am Donnerstag entscheidet eine Aufsichtsratsitzung über die Zukunft der GmbH. Auf die Weiterentwicklung des Kulturstandortes Schiffbauergasse mit dem Hans-Otto-Theater und andere kulturelle Projekte werde die abgelehnte Bewerbung keinen Einfluss haben.

Dirk Becker

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