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Brandenburg: Potsdamer Garnisonskirche: Nagelkreuz von Coventry als Krönung

Der Turm der 1968 von der SED gesprengten Potsdamer Garnisonskirche soll als "Internationales Versöhnungszentrum" in Kooperation mit der Friedenskathedrale von Coventry aufgebaut werden. Zugleich soll er als "City- und Symbolkirche" dienen.

Der Turm der 1968 von der SED gesprengten Potsdamer Garnisonskirche soll als "Internationales Versöhnungszentrum" in Kooperation mit der Friedenskathedrale von Coventry aufgebaut werden. Zugleich soll er als "City- und Symbolkirche" dienen.

Das sieht das Nutzungskonzept der evangelischen Kirche vor, das am Sonntag in Potsdam vorgestellt werden soll und dem Tagesspiegel bereits vorliegt. Oberbürgermeister Matthias Platzeck sprach von einem "Durchbruch" in der Diskussion um die Garnisonkirche: Die "klare inhaltliche Vorgabe" sei für den Geist der Stadt eine Bereicherung, sagte Platzeck auf Anfrage.

Der Wiederaufbau des einstigen Potsdamer Wahrzeichens, der mit Spendenmitteln erfolgen soll, ist nach wie vor höchst umstritten, weil die Nationalsozialisten nach ihrer Machtergreifung dort einst den "Tag von Potsdam" zelebrierten. Die Kritiker des Projektes befürchten, dass die Garnisons-Kirche zum "Wallfahrtsort für Rechte" werden könnte.

Auch innerhalb der evangelischen Kirche ist der Wiederaufbau umstritten. Ministerpräsident Manfred Stolpe hatte vor einiger Zeit erklärt, dass der Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses Vorrang haben sollte. Trotzdem hat Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) die Schirmherrschaft für die Garnisonkirche übernommen und zu Spenden für den Wiederaufbau des Turms aufgerufen. Um den Bedeutungswandel weithin sichtbar zu machen, wird in der Nutzungskonzeption empfohlen, dass künftig "eine vergrößerte Version des Nagelkreuzes der Kathedrale von Coventry" die Spitze des 88 Meter hohen Turmes krönen soll.

Der Leitgedanke für den Aufbau lautet: "Veränderung ist möglich - The spirit of change". In Kirchenkreisen hieß es am gestrigen Freitag, dass mit dem Konzept eine Missdeutung des Bauwerkes ausgeschlossen sei. Damit seien auch die Ängste, dass der Turm zu einem Wallfahrtsort alter und neuer Nazis werden könnte, unbegründet. Es sei besser, den umstrittenen Platz "selbst zu besetzen", als ihn leer zu lassen, heißt es in der Präambel des 20-Seiten-Papiers.

Weiter wird darauf hingewiesen, dass das empfohlene Nagelkreuz von Coventry - aus verkohlten Dachbalken der 1940 zerstörten Kathedrale - zu einem "weltweit bekannten Versöhnungs- und Friedenssymbol" geworden sei. "Die ursprünglich mit kriegerischen Anspielungen arbeitende Kirchturmspitze (Preußischer Adler greift französische Sonne an)" der Garnisonkirche würde "umgedeutet werden." Durch die Höhe ergäbe sich "ein völlig neuer zeichenhafter Ruf über Stadt und Land vom Garnisonskirchenturm aus". Zudem schlägt die Nutzungsstudie vor, den Kirchturm zusätzlich "außen mit einem veränderbaren Lichtspiel" - in verschiedenen Farben oder mittels Laserprojektion - zu beleuchten.

Das Konzept, das die beiden evangelischen Vikare Martin Vogel und Gregor Hohberg erarbeitet haben, sieht im Erdgeschoss eine Kapelle für Gottesdienste und Andachten vor, die etwa einhundert Menschen Platz bietet. In den darüberliegenden Turmgeschossen sollen Veranstaltungs- und Funktionsräume entstehen, die sich unter anderem mit dem Friedensthema befassen. Eine Ausstellung soll an den Potsdamer Pfarrer Günther Brandt erinnern, der an der Rettung von Juden während der NS-Zeit beteiligt war. Ebenfalls geplant ist eine Aussichtsplattform.

Das Gesamtprojekt soll, so der Vorschlag, über eine neue kirchliche Stiftung mit dem Namen "Internationales Versöhnungszentrum Potsdamer Garnisonskirche" in klarer Verantwortung der Kirche gesteuert werden, wobei in den Stiftungs-Aufsichtsgremien neben der Stadt und dem Land unter anderem auch die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel und die auf Initiative von Innenminister Schönbohm gegründete Stiftung Preußisches Kulturerbe vertreten sein sollen. Die beiden Organisationen wollen über Spenden und Erträge aus dem Stiftungskapital die auf rund 20 Millionen Mark geschätzten Investitionskosten aufbringen. Die jährlichen Betriebskosten von rund 350 000 Mark sollen aus Spenden, Fördermitteln, Eintrittsgeldern und Stiftungserträgen bezahlt werden.

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