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Potsdamer Landtag: Jury macht dem Schloss den Hof

Der künftige Landtagssitz soll auch Innenfassaden nach historischem Vorbild bekommen.

Potsdam - Potsdam erhält sein berühmtes Stadtschloss zurück. Nicht nur Außen mit der Fassade des historischen Baus von Georg Wenzeslaus von Knobeldorff, sondern auch im Innenhof. Das sieht der Entwurf vor, der gestern von einer Fachjury zum Sieger im laufenden Vergabeverfahren für den Landtagsneubau auf dem Alten Markt gekürt wurde, wie der Tagesspiegel gestern erfuhr. Zu 17-köpfigen Jury gehören Architekten, Politiker und Denkmalpfleger. Für Potsdam ist das eine Sensation. Das ist der Durchbruch für den Wiederaufbau des einstigen Wahrzeichens der Preußenresidenz.

Dass Potsdam sein berühmtes Stadtschloss auch im Hof wiederbekommt, galt bislang als unwahrscheinlich. Die Jury hatte gestern vom Morgen bis in die Abendstunden unter strenger Geheimhaltung getagt, um erstmals die von drei Konsortien eingereichten fünf Entwürfe und Konzepte für das 120-Millionen-Euro-Projekt zu begutachten. Zwei Entwürfe setzten dem Vernehmen nach auch im Innenhof auf das historische Vorbild. Dabei gibt es zwei Varianten: Der Plenarsaal könnte direkt an den Hof grenzen – oder über ein repräsentatives Treppenhaus wie beim in den 60er Jahren abgerissenen Stadtschloss erschlossen werden. Mit dem Sieger soll jetzt weiter verhandelt werden. Landtagspräsident Gunter Fritsch, Finanzminister Rainer Speer (beide SPD) und Jurychef Kaspar Kraemer wollen heute über Ergebnisse und weiteres Vorgehen informieren.

Die Sitzung des Bewertungsgremiums, in dem bekannte Architekten wie David Chipperfield aus London mitwirken, war mit Spannung erwartet worden. Es ist bereits der zweite Anlauf in dem von Turbulenzen begleiteten Vergabeverfahren für den Neubau des Landtages auf dem Alten Markt, der nach dem Beschluss des Parlamentes aus dem Jahr 2005 in seinem Aussehen weitgehend dem historischen Schloss entsprechen soll. In einer ersten Runde hatte die Jury Ende 2007 schon einmal sechs Entwürfe begutachtet, bei denen der Landtag aber unter Missachtung der Vorgaben moderne Fassaden trug, „Allerweltsarchitektur“, wie kritisiert wurde. Der Landeshauptstadt drohte nach dem „Potsdam-Center“, das in den 90er Jahren errichtet und fast zum Verlust des Unesco-Welterbetitels geführt hätte, ausgerechnet beim wichtigsten Landesprojekt eine neue Bausünde. Erst durch eine Spende des SAP-Gründers und Milliardärs Hasso Plattner von 20 Millionen Euro für die Rekonstruktion der Schlossfassade konnte der Skandal abgewendet werden. Die Konsortien wurden in Abstimmung mit der Jury aufgefordert, die Entwürfe nach historischem Vorbild nachzubessern. Einige sprangen gegen Entschädigungen ab oder versuchten vergebens juristisch dagegen vorzugehen. Deshalb sind nur noch drei Bieterkonsortien dabei.

Dem Vernehmen nach steht nun bereits fest, dass das „Landtagsschloss“ mit historischer Außenfassade errichtet wird. Gerätselt wird in der Stadt aber seit Monaten, wie sich der Innenhof präsentieren wird. Zuletzt gab es Befürchtungen, dass der neue Landtag im Hof ein billiges Gesicht zeigen könnte. Dort haben die Konsortien wegen des Kostenlimits von 120 Millionen Euro nach den Ausschreibungsvorgaben Entscheidungsspielräume. So können sie, damit der Raum auch für eine gemeinsames Parlament nach einer möglichen Länderfusion mit Berlin reicht, die Flügelbauten verbreitern. Gleichwohl gibt es in Potsdam eine starke Bürgerinitiative, die den historischen Innenhof fordert. Sie hat einen neuen prominenten Unterstützer: Der deutsche Medizinnobelpreisträger Günter Blobel, der rund 850 000 Euro seines Preisgeldes für den Aufbau der Dresdner Frauenkirche spendete, appellierte aus New York in einem Brief an die Jury: „Bitte haben Sie den Mut, auch den berühmten Innenhof des Stadtschlosses restaurieren zu lassen!“

Unabhängig von der Fassadenfrage ist der Alte Markt in Potsdam seit Monaten eine Baustelle. Neben archäologischen Grabungen wurde die gesamte Straßenführung verändert, um Baufreiheit für den künftigen Landtag zu schaffen. Baubeginn ist nach dem jetzigen Zeitplan Ende 2009. Die Fertigstellung ist für Ende 2012 vorgesehen.

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