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Brandenburg: Preußen: Das Jubiläumsjahr erfordert Toleranz

Preußen ist so fern wie eh und je. Es dominieren die Klischees in Schwarz und Weiß.

Preußen ist so fern wie eh und je. Es dominieren die Klischees in Schwarz und Weiß. Vor allem aber bringt dieses Thema im Lande eines hervor: Desinteresse. Fast sechs Monate nach dem Start des von Berlin und Brandenburg feierlich eröffneten "Preußenjahres" fällt die Bilanz nüchtern aus. Es gab kleinere Ausstellungen, Musikprogramme, Lesungen und sparsame Auftritte der "Langen Kerls". Aber das eigentlich von Ministerpräsident Stolpe gewünschte Ziel liegt in weiter Ferne. Die Brandenburger sollten sich mit ihrer Geschichte beschäftigen und aus den gewiss nicht wenigen preußischen Tugenden Stolz auf ihr Land entwickeln.

Die Wirklichkeit sieht anders aus, wie die Beobachtungen im Land zeigen. Viele Menschen pfeifen auf Preußen und winken beim Hinweis auf das Jubiläumsjahr dankend ab. Dabei kommt diese Reaktion nicht überraschend. Das "Fontanejahr 1998" schleppte sich auch ziemlich zäh von Januar bis Dezember dahin, von den gelungenen Veranstaltungen in Fontanes Geburtsstadt Neuruppin einmal abgesehen.

Offensichtlich haben sich solche über ein ganzes Jahr angesetzte Jubiläen überholt. Irgendwann wird auch der anfangs aufgeschlossene oder neugierige Betrachter des Themas überdrüssig. Dazu kommt gerade im Preußenjahr ein Handicap, das der Planung geschuldet ist: Die große Landesausstellung unter dem Titel "Marksteine. Eine Entdeckungsreise durch Brandenburg-Preußen" wird erst Mitte August eröffnet. Eher werden die Bauleute im alten Kutschstall am Neuen Markt in Potsdam nicht fertig. Seit Monaten arbeiten Wissenschaftler, Heimatforscher, Designer und viele andere Helfer an dieser großen Exposition. Die Exposition soll den Bogen von der Entstehung der Mark bis zur Neugründung des Landes Brandenburg im 20. Jahrhundert spannen.

Allerdings besteht die Gefahr, dass die Menschen zu diesem Zeitpunkt den Titel schon nicht mehr hören wollen. Vielleicht wäre es klüger gewesen, mit der Eröffnung des Preußenjahres bis zum August zu warten. Denn gerade die Brandenburger brauchen offenbar so einen "Knaller", um wirklich auf ein Thema aufmerksam zu werden. Preußen war schließlich jahrzehntelang tabu. In der Schule sprachen die Lehrer höchstens von "preußischem Kadavergehorsam" oder von einer "unheilvollen Entwicklung". Diese negative Belastung des Begriffes sitzt nach wie vor tief und lockt nicht gerade in Museen oder Ausstellungen.

Bislang profitieren nur Orte wie Altranft, Reckahn, Prenzlau, Heiligengrabe oder Frankfurt (Oder) vom offiziellen Jubiläumsjahr. Dort wurden Räume oder ganze Gebäude restauriert, um im kleinen Rahmen preußische Geschichte zu erzählen. Das lockt zwar keine Besuchermassen an, aber die Gemeinden freuen sich über neue Schmuckstücke. Ohne Preußenjahr wäre es vielleicht nie dazu gekommen. Da macht es nichts, dass sich vielleicht schon in wenigen Jahren niemand mehr an den eigentlichen Anlass der Renovierung erinnern wird.

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