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Brandenburg: Prozess um Aussiedlertod: Wieder Zeugen festgenommen

Zwei Männer wollten mit Falschaussage die Angeklagten decken

Von Frank Jansen

Neuruppin. Sie drucksen, sie lügen, sie wissen von nichts: Die Freunde der fünf Angeklagten im Prozess zum gewaltsamen Tod des Aussiedlers Kajrat Batesov zeigen von sich von der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage ziemlich unbeeindruckt. Entsprechend hart griff auch am gestrigen siebten Prozesstag die Staatsanwaltschaft am Landgericht Neuruppin wieder durch: Bereits zum zweiten Mal wurden zwei Bekannte der angeklagten Clique noch im Gerichtssaal vorläufig festgenommen.

Der 26-jährige Michael L. hatte nach mehreren Ausflüchten zugegeben, er habe einem anderen Zeugen ein falsches Alibi für die Tatnacht verschafft und bei den Verhören der Polizei gelogen. Die Staatsanwaltschaft wirft Michael L. Falschaussage und versuchte Strafvereitelung vor – sowie unterlassene Hilfeleistung. L. hatte die Schläge und Tritte zumindest gegen einen der beiden am 4. Mai 2002 vor einer Wittstocker Disko misshandelten Aussiedler beobachtet, ohne einzugreifen. Nach L. trat der 21-jährige Thomas K. in den Zeugenstand – und das Spiel wiederholte sich: Auch K. wurde wegen mutmaßlicher Falschaussage festgenommen.

Vor einer Woche ließ Staatsanwalt Kai Clement bereits zwei Zeugen vorläufig festnehmen, die dem Gericht falsche Aussagen aufgetischt hatten. Die jungen Männer kamen allerdings am selben Abend wieder frei. Sie sollen sich nach ihrer Festnahme etwas besser an das Tatgeschehen erinnert haben. Derart gewarnt sagte auch Michael L. gestern offenbar mehr aus, als er ursprünglich wollte, ohne jedoch die volle Wahrheit preiszugeben.

L. hatte in einem Pkw vor dem Eingang der Diskothek gesessen. Er habe gesehen, wie sich eine „Rangelei“ entwickelte, sagte L. dem Gericht. Auf hartnäckiges Nachfragen durch die Vorsitzende Richterin Gisela Thaeren-Daig berichtete L. dann Details. Der Angeklagte Mike Sch. habe mit drei Personen eine Person geschlagen und „in den Bauchraum“ getreten. Das Opfer sei zu Boden gegangen und weiter geprügelt worden. Er selbst sei etwa 20 Meter entfernt gewesen, sagte L. Dennoch habe er weder gesehen, dass ein zweiter Aussiedler zusammengeschlagen wurde, noch dass ein Angreifer einen schweren Feldstein auf Kajrat Batesov warf. Etwa 15 Leute, die vor dem Pkw standen, hätten ihm die Sicht versperrt. Als ein Freund zu ihm ins Auto stieg, sei er losgefahren und habe sich durch die Menge „geschlängelt“.

Trotz Lücken und Lügen könnte ein Detail der Aussage von L. noch Bedeutung erlangen. Der 26-Jährige gab an, bereits vor Beginn „des Geschehens“ habe ein Freund mit ihm vereinbart, einem weiteren Kumpan ein Alibi zu verschaffen. Sollte dies zutreffen, wäre die Vermutung der Nebenklage-Anwältinnen bestätigt, der Angriff auf die Aussiedler sei in der Wittstocker Disko verabredet worden und nach dem Ende der Tanzveranstaltung gezielt erfolgt. Damit würde ein fremdenfeindliches Motiv der Bluttat wahrscheinlicher – und eine Verschärfung der auf Totschlag lautenden Anklage möglich, hin zu gemeinschaftlich begangenem Mord aus niederen Beweggründen.

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