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Brandenburg: Rechtsextremismus: Fremdenfeindliche Gewalttaten nehmen zu

Brandenburg hält bei fremdenfeindlichen Gewalttaten den unrühmlichen Spitzenplatz in der Bundesrepublik. Bezogen auf die Bevölkerungszahl werden in keinem anderen Bundesland mehr fremdenfeindliche Straftaten verübt als hier.

Brandenburg hält bei fremdenfeindlichen Gewalttaten den unrühmlichen Spitzenplatz in der Bundesrepublik. Bezogen auf die Bevölkerungszahl werden in keinem anderen Bundesland mehr fremdenfeindliche Straftaten verübt als hier. Dies geht aus dem am Freitag vorgestellten Verfassungschutzbericht des Landes Brandenburg für das Jahr 2000 hervor. Bei den rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten insgesamt hat sich Brandenburg in Jahresfrist vom dritten auf den zweiten Platz vorgeschoben. Den ersten Platz hält hier das Bundesland Thüringen. Innenminister Jörg Schönbohm bezeichnete den Anstieg der rechtsextremistisch motivierten Gewalt als Besorgnis erregend. Grafik: Kriminalität von rechts Die Zahl aller rechtsextremistisch motivierten Straftaten ist im letzten Jahr in Brandenburg um 27 Prozent auf 365 gestiegen. Mehr als ein Fünftel davon waren Gewalttaten, 84 Prozent davon hatten einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Laut Verfassungsschutzbericht wurden die Gewalttaten "teilweise mit äußerster Brutalität und Menschenverachtung" von meist noch sehr jungen Tätern verübt. Unter anderem wurden drei versuchte Tötungsdelikte registriert, von denen sich zwei gegen Ausländer richteten. Der brandenburgische Verfassungsschutzbericht hebt hervor, dass es sich bei der rechtsextremistisch und besonders fremdenfeindlich motivierten Gewalt "nicht um eine Besonderheit Ostdeutschlands" handele, dieses Phänomen hier allerdings besonders krass hervortrete. Rund zwei Fünftel aller rechtsextremistisch motivierten Gewaltdelikte würden in Ostdeutschland begangen, obwohl der Anteil Ostdeutschlands an der Gesamtbevölkerung nur etwa gut ein Fünftel und der Ausländeranteil nur 1,8 Prozent gegenüber 10,5 Prozent in Westdeutschland ausmache.

Zu den Ursachen für den Anstieg der rechtsextremistischen Straftaten seit dem vergangenen Sommer heißt es im Verfassungsschutzbericht, dass der unaufgeklärte Sprengstoffanschlag in Düsseldorf am 27. Juli 2000 Rechtsextremisten zu Nachahmungstaten animiert habe. Schönbohm fand es "auffallend", dass nach dem Sprengstoffanschlag und der öffentlichen Diskussion die Straftaten bundesweit angestiegen seien. Man wollte offenbar "in der Zeitung" stehen. Trotz erhöhten Ermittlungsdrucks halte die Tendenz an. Schönbohm wollte nicht ausschließen, dass der NPD-Verbotsantrag Gewaltbereite motiviere.

Laut Verfassungschutzbericht hat sich der gewaltbereite Kern der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg auf 600 Personen vergrößert (1999: 580). Hinzu komme ein nicht zu bezifferndes Umfeld rechtsextremistisch beeinflusster Jugendlicher. Hingegen sei das rechtsextremistische Potenzial insgesamt um knapp neun Prozent auf 1490 Personen zurückgegangen, wofür der Mitgliederschwund bei den Republikanern und der DVU ursächlich sei. Auch "im Bereich des organisierten wie unorganisierten Neonazismus" wird ein leichter Rückgang auf 190 Personen (1999: 205) registriert. Allerdings gibt es bei der als gefährlicher geltenden NPD eine leichte Zunahme.

Schönbohm betonte, dass es in Brandenburg entgegen manchen Behauptungen keine "national befreiten Zonen" gebe. Ebenso wies er Spekulationen über einen "braunen Terrorismus" zurück. Man habe Sprengstoff gefunden und es gebe Ansätze eines "braunen Extremismus", doch handele es sich um Einzeltäter und nicht vernetzte Kleinstgruppen. Er kündigte ein "gemeinsames Lagebild" mit Berlin noch für dieses Frühjahr an. Es werde neben der rechtsextremistischen auch die linksextremistische Szene umfassen. Zwar sei die Zahl einschlägiger Straftaten mit 47 (zu 46) praktisch gleichgeblieben, doch könne die hiesige Szene jederzeit aus Berlin verstärkt werden.

Michael Mara

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