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Brandenburg: Reif für die Halbinsel

Wer will Sacrow kaufen? Am Sonntag gab es den ersten Besichtigungstermin für Interessenten

Potsdam. Vor dem Vereinsheim der Angelfreunde „Sacrow-Anglerwiese e.V.“ auf der Halbinsel Sacrow wird am Sonntag Nachmittag gerade der Pflaumenkuchen verteilt und Kaffee in Plastikbecher gegossen, als vorn an der Hauptstraße die ersten Limousinen und Sportwagen vorfahren, meist Potsdamer und Berliner Kennzeichen. Die Menschen, die aussteigen, sind auf das idyllische Stück Land, auf dem der Verein gut 30 Datschen stehen hat, durch eine Zeitungsannonce der Deutschen Grundstücksauktionen AG aufmerksam geworden. Die hat den Auftrag, die Halbinsel zu verkaufen. Mindestgebot: 295 000 Euro.

Katja Heringshausen vom Auktionshaus führt die rund 20 Interessenten über das Gelände südlich von Kladow, das zu Mauerzeiten gleich hinter dem Grenzstreifen lag. Der Tross spaziert entlang kleiner Pfade vorbei am Vereinsheim, bevor man sich auf einer Wiese sammelt und Katja Heringshausen sich für „Schilder und Unannehmlichkeiten“ entschuldigt. Sie meint die Transparente, die die Datschenbesitzer hier in den vergangenen Tagen angebracht haben mit Sätzen wie: „Wir haben hier 80 Jahre die Natur erhalten. Soll das jetzt ein Fremder genießen?“

Die Interessenten beschäftigen aber andere Fragen. „Wird das Ufer zum Sacrower See noch zugänglich gemacht?“, will ein Mann um die 40 in Jeans und schwarzer Lederjacke wissen. Die Gruppe steht gerade an einem von Wald umrandeten Steg, ein paar Boote schaukeln hier auf der Wasseroberfläche. Katja Heringshausen druckst herum: Sie habe bei der Behörde in Potsdam nachgefragt, die konnten nichts Genaues sagen. „Aber eigentlich nicht“, schiebt sie schließlich hinterher. Außerhalb der Grundstücke ist hier alles Naturschutzgebiet.

Nach sehr viel Geld sieht in der Gruppe eigentlich keiner aus, alle sind hier leger gekleidet. Nur ein drahtiger Mittdreißiger ist im dunkelgrauen Dreiteiler mit roter Krawatte erschienen. Misstrauisch fragt er nach, wer denn im Grundbuch als Besitzer eingetragen ist. Wer weiß, ob nicht hinterher jemand Altansprüche geltend macht? Er ist Rechtsanwalt aus Berlin, seinen Namen will er nicht nennen. Und den von seinem Mandanten „selbstverständlich auch nicht.“

Überhaupt will niemand wirkliche Kaufabsichten hegen. Drei junge Leute mit Hund sind „ganz zufällig da“. Eine Berliner Familie mit zwei erwachsenen Kindern ist „nur so aus Interesse gekommen“. Ein paar Überlegungen haben sie sich aber doch schon gemacht: Vielleicht 15 der Grundstücke weiterverpachten, eins selber nutzen.

Ehepaar B., beide um die 60 und auch aus Berlin, will dagegen nur eins der Grundstücke für sich. Die jetzigen Nutzer sollen bleiben, sagt Frau B.. Das einzige zurzeit gekündigte Grundstück gefällt ihr allerdings nicht: „Wir wollen näher ans Wasser.“ Auf jeden Fall will sie am 20. September zur Versteigerung kommen.

Die Mitglieder vom Verein „Sacrow-Anglerwiese“ wird sie dort wohl nicht treffen. Vor ein paar Tagen hatten sie angekündigt, mitsteigern zu wollen, am Sonntag erzählt dann Elke Helbig traurig: „Wir haben nur 230 000 Euro zusammenbekommen.“ Wie lange der Bestandsschutz für die Vereinsmitglieder gelten würde, wenn das Land verkauft wird, weiß derzeit niemand genau. Bis 2015 heißt es. Es gibt aber unterschiedliche Pachtverträge, manche über den Verein, andere direkt mit der Treuhand, die das Gebiet für das Land Brandenburg verwaltet.

Elke Helbig ist 41, arbeitet als Buchhalterin in Babelsberg. Seit ihrem sechsten Lebensjahr verbringt sie jeden Sommer so viel Zeit wie möglich hier. Jetzt hat sie Angst um ihr kleines Haus, das sie wie die meisten hier von den Eltern übernommen hat. Mit Frau B. aus Berlin ist sie sich aber in einem einig: „Es ist wirklich traumhaft hier.“

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