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Reaktorkern Rheinsbergq

© ddp

Rheinsberg: Die letzte Reise des Reaktors

Morgen wird "das Herz" des stillgelegten Kernkraftwerkes Rheinsberg nach Lubmin transportiert. Mehrere zehntausend Euro sind allein dafür geplant. Der Reaktor wird auf einem 20 Meter langem Waggon mit 12 Achsen von einer Polizeistaffel eskortiert.

So ein Ungetüm hat sich bisher noch nie über eine Brandenburger Eisenbahnstrecke bewegt: 12 Achsen zählt der fast 20 Meter lange Waggon von einer Spezialfirma aus Österreich. Davor fährt ein gewaltiger Eisenbahndrehkran, dann kommt die Lok. Morgen bewegt sich der Konvoi in langsamer Fahrt von Rheinsberg nach Lubmin bei Greifswald mit einer gefährlichen Fracht. Es ist der Reaktor von Brandenburgs einzigem Kernkraftwerk, das 1990 abgeschaltet wurde.

Die kurz danach begonnene Demontage hat nun den 110 Tonnen schweren Reaktorbehälter erreicht. Da in diesem elf Meter langen und drei Meter breiten Koloss 24 Jahre lang Kernprozesse abliefen, geht von ihm radioaktive Strahlung aus. Er erhielt daher zum Schutz einen 15 Zentimeter dicken Stahlgürtel. So geht er nun auf die 130 Kilometer lange Reise.

Atomkraft-  keine "zukunftsweisende Energieform"

Ursprünglich wollten die Energiewerke Nord als Betreiber den Reaktor vor Ort zerlegen und sich so den komplizierten Transport sparen. Aber das Ausmaß der Strahlung barg zu große Risiken. Brandenburgs Umweltminister Dietmar Woidke (SPD), der alle Genehmigungen erteilen muss, will sich heute über die Vorbereitung informieren. Seine Ablehnung der Atomkraft begründet er auch mit der langen Demontagezeit. "Der hohe technische und finanzielle Aufwand für den Rückbau zeigt, dass Atomkraft keine zukunftsweisende Energieform ist“, sagt er.

Im Lager Lubmin bei Greifswald, wo einst das zweite DDR-Kernkraftwerk arbeitete, bleibt der Rheinsberger Reaktor mindestens 40 bis 70 Jahre. "Erst dann ist die Gamma-Strahlung so weit abgeklungen, dass er demontiert werden kann“, sagt die Sprecherin der Energiewerke, Marlies Philipp. Der Rückbau des 70-Megwatt starken Kraftwerkes bis 2012 kostet rund 400 Millionen Euro.

Transportkosten schießen in die Höhe

Mehrere zehntausend Euro entfallen schon auf den morgigen Transport. Denn nicht nur die Deutsche Bahn will bezahlt werden, sondern auch die Bundespolizei. Sie muss die Strecke bewachen, da Atomkraftgegner Proteste angekündigt haben. Zwar werden keine so spektakulären Aufmärsche wie im Mai 2001 erwartet, als die Kernbrennstäbe in vier Castoren nach Lubmin gefahren wurden. Dank eines großen Polizeiaufgebots erreichte der Zug pünktlich den Bestimmungsort.

Das wird auch morgen erwartet, wenn auch in der Region über den Zustand der Eisenbahnstrecke viel Panik verbreitet wurde. "Ich bin sprachlos über die Brücken bei Lindow“, hatte Bauingenieur Bernd Ebeling aus dem niedersächsischen Uelzen nach seiner Inspektionstour mit anderen Atomkraftgegnern gesagt. Sie seien marode und für einen solchen Schwertransport nicht geeignet. Die Bahn erkennt dagegen keine Probleme. Nach Angaben eines Sprechers würden die fraglichen Brücken zusätzlich abgestützt. Außerdem werde die Riesenlast des Reaktors gut verteilt. Der Spezialwaggon aus Österreich mache es möglich.

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