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Brandenburg: Rot-schwarze Mehrheit stützt ihren Innenminister

Landtag weist den Abwahlantrag der Linkspartei gegen Schönbohm zurück. Trotzdem weiter Kritik an dessen Äußerungen nach Frankfurter Babymorden

Potsdam - Der Brandenburger Landtag hat gestern die Entlassung von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) abgelehnt. Die Regierungsparteien SPD und CDU stimmten geschlossen gegen den Abwahlantrag der Linkspartei/PDS. Die Partei hatte diesen damit begründet, dass Schönbohm mit seiner These über die „Proletarisierung“ durch die SED als Ursache heutiger Gewalt in Brandenburg dem Land „in beträchtlicher Weise geschadet und seinen Amtseid gebrochen“ habe. Schönbohms Äußerungen in einem Interview mit dem Tagesspiegel zu den neun Babymorden von Frankfurt (Oder) hatten in Ostdeutschland eine Welle der Empörung ausgelöst.

Während Schönbohm sich nicht zu Wort meldete und die Landtags-Debatte sichtlich angespannt auf der Regierungsbank verfolgte, warf Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) der Linkspartei vor, mit dem Entlassungsantrag die Kindesmorde für den Wahlkampf instrumentalisieren zu wollen. „Der Zusammenhang ist offensichtlich“, so Platzeck. „Es gibt Grenzen, die man auch im Wahlkampf nicht überschreiten sollte.“

Gleichwohl erneuerte Matthias Platzeck seine grundsätzliche Kritik an den Äußerungen seines CDU-Innenministers: Sie seien „falsch und fatal“. Bei den Frankfurter Babymorden handele sich um ein absolut unbegreifliches und einmaliges Verbrechen, das keine Rückschlüsse auf den Zustand einer Gesellschaft zulasse. Schönbohm habe die Menschen im Osten in Kollektivhaftung genommen und damit verletzt.

Der Regierungschef machte deutlich, dass der Fall für ihn erledigt sei, da Schönbohm sich entschuldigt habe. „Alle weiteren Fragen sind Sache der CDU, sich mit ihrem Parteivorsitzenden auseinander zu setzen, sofern sie das für nötig hält.“ Die Fraktionsvorsitzende der Brandenburger Linkspartei/PDS, Dagmar Enkelmann, warf Platzeck vor, dass sein Engagement für den Osten „mehr als unglaubwürdig“ sei, solange er an Schönbohm festhalte. Dieser sei „ein anhaltendes politisches Risiko für Brandenburg“.

In der überwiegend nachdenklichen und sachlichen Debatte warf SPD-Fraktionschef Günter Baaske Schönbohm ein falsches DDR-Bild vor: Er selbst sei in der DDR oft drangsaliert worden, so Baaske: „Es war widerlich, eingesperrt zu sein und dies nicht kritisieren zu dürfen.“Aber die DDR sei auch seine Heimat gewesen, in der, entgegen der Annahme Schönbohms „die Menschen sehr stark zusammenhielten und sich gegenseitig halfen“. Zwar habe man in der DDR in Kollektiven und Gemeinschaften gelebt, doch „das hat uns nicht zu schlechteren Menschen gemacht“. Nach der Wende seien die Menschen durch den Kampf um Arbeit und Wohlstand egoistischer geworden.

CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek beklagte die Diskussionskultur im Land: Kaum einer von denen, die reflexartig über Schönbohm hergefallen seien, habe das Interview wirklich gelesen. Kaum einer der Kritiker habe sich mit den von Schönbohm angesprochenen Problemen auseinander gesetzt: die rechtsextreme Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, die Wegschau-Mentalität. Auch Platzeck erklärte, dass man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen dürfe. Über die von Schönbohm angesprochenen Probleme müsse „in angemessener Weise“ gesprochen werden: „Das wird in Wahlkampfzeiten nicht möglich sein.“

Michael Mara

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