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Brandenburg: Schelters Abgang setzt Personaldebatte in Gang

Von Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Müssen nach dem Rücktritt von Justizminister Kurt Schelter weitere Kabinettsmitglieder um ihren Sessel bangen?

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Müssen nach dem Rücktritt von Justizminister Kurt Schelter weitere Kabinettsmitglieder um ihren Sessel bangen? Offiziell heißt es in SPD-Regierungskreisen zwar, es gebe keinen Zusammenhang zwischen Schelters Rücktritt und einer Kabinettsreform. „Es gibt zur Zeit keinen weiteren Handlungsbedarf. Schelter ist wegen persönlichen Fehlverhaltens zurückgetreten. Das gibt es bei SPD-Ministern nicht“, argumentiert etwa der einflussreiche Landtagsabgeordnete und Unterbezirkschef Ulrich Freese. Aber hinter vorgehaltener Hand bestreiten auch SPD-Politiker nicht: Der „geschickte Schachzug“ Jörg Schönbohms, für Kurt Schelter kurzerhand eine junge und kompetente Frau ins Kabinett zu holen, setzt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) unter Zugzwang, die überfällige Kabinettsreform anzugehen. Nicht nur, weil in den von verschiedenen Medien angestellten Halbzeit-Vergleichen der SPD- und CDU-Minister letztere besser abgeschnitten haben. Die SPD-Ministerriege bietet auch nach dem Urteil vieler Genossen ein ernüchterndes Bild.

Am schmerzhaftesten wird dies für viele Sozialdemokraten am Arbeits- und Sozialministerium deutlich: Unter Regine Hildebrandt das Parade-Ressort, fristet es unter dem 61-jährigen Alwin Ziel ein Schattendasein, obwohl die SPD den Themen soziale Gerechtigkeit und Arbeitsmarktpolitik oberste Priorität beimisst. Ziel wird die Flucht des Schwerverbrechers und Mörders Schmökel aus dem Maßregelvollzug angelastet. Der gelernte Lehrer sorgte nur einmal bundesweit für Schlagzeilen: Als er sich dafür aussprach, ein gemeinsames Bundesland Preußen zu nennen. In SPD-Fraktionskreisen gilt Ziel inzwischen als Fehlbesetzung: „Je länger Ziel amtiert, je mehr schadet er sich“, heißt es

Platzecks Problem: Es gibt in der märkischen SPD keine profilierten Arbeits- und Sozialpolitiker. Es gilt als nicht ausgeschlossen, dass Platzeck, falls die SPD die Bundestagswahl verlieren sollte, auf das Personalreservoir der Bundespartei zurückgreifen könnte.

Sorgen bereitet auch SPD-Finanzministerin Dagmar Ziegler, die erst seit Herbst 2000 im Amt ist: Die 41-jährige Nachfolgerin von Wilma Simon setzt kaum Akzente, wirkt wenig souverän, ist in der Länder-Finanzministerkonferenz „das Mauerblümchen“. Sie hat nach Meinung von Koalitionspolitikern ihr Haus nicht im Griff, was ihr auch Rügen des Landesrechnungshofes einbrachte. Mit Innenminister Schönbohm liegt sie seit langem im Streit. Die Zweifel sind groß, ob Ziegler bei der Prioritätendiskussion im Herbst das nötige Durchsetzungsvermögen hat. Platzecks Problem: Er selbst hat sie bei Manfred Stolpe durchgesetzt, außerdemist sie Vize-Parteichefin und einzige SPD-Frau im Kabinett. Ein Auswechseln wäre schwierig.

Bau- und Verkehrsminister Hartmut Meyer galt bisher nicht unbedingt als Platzeck- Freund, auch wurde ihm Amtsmüdigkeit nachgesagt. Doch fachlich kann man Meyer nichts vorwerfen. Dank voller Kassen kann er landauf und landab bauen lassen. Die LEG-Affäre überstand er unbeschadet. Agrar- und Umweltminister Wolfgang Birthler macht nach anfänglichen Pannen einen guten Job, spricht die Sprache der Bauern, entschärfte die Konflikte um den Naturschtz und ist deshalb ungefährdet. Bildungsminister Steffen Reiche steht zwar unter Dauerbeschuss der CDU, ist aber der reformfreudigste SPD-Ressortchef. Er krempelt derzeit das Schulsystem radikal um. Auch wenn er manchmal über das Ziel hinaus schießt, ist der 42-jährige ungefährdet.

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