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Brandenburg: Schönbohm wird gebraucht

Thorsten Metzner

Die Frage drängt sich auf: Warum hält SPDRegierungschef Matthias Platzeck nach Jörg Schönbohms Proletarisierungs-Äußerungen an seinem Vize fest? Zunächst: Es mag zutreffen, dass eine Entlassung Schönbohms vom Wahlvolk begrüßt würde. Trotzdem wäre es allenfalls ein kurzfristiger Effekt, der sich zudem allein auf Emotionen gründen würde. Rational betrachtet, ist Schönbohm eine Stütze seiner Regierung, ein guter Innenminister zumal. Er ist es, der bislang in den Reihen des Koalitionspartners die nötige Stabilität und damit die Regierungsfähigkeit garantiert. Zwar ist Schönbohms Autorität jetzt auch in der Union rasant gesunken. Doch wenn Platzeck Schönbohm jetzt entließe, würde es das Ende der Koalition bedeuten, woran der Regierungschef keinerlei Interesse haben kann. Denn zum SPD/CDU-Regierungsbündnis gibt es derzeit keine Alternative. Hinzu kommt, dass er mit einem geschwächten Schönbohm sogar besser regieren kann.

Trotzdem bleibt der Umgang mit Schönbohm für Platzeck eine Gratwanderung. Wenn er sich zu stark hinter Schönbohm stellt und damit von der Stimmung der Bevölkerung entfernt, könnte das seinem Ansehen und der SPD schaden. Deshalb wird es durchaus eine heikle Operation, dass seine Schönbohm-kritischen Genossen den Abwahlantrag der PDS im Landtag Ende August ins Leere laufen lassen. Und selbst dann wird Jörg Schönbohm nicht über dem Berg sein.

Niemand kann derzeit die Eruptionen in der Union vorhersagen, wenn die Partei auch wegen seiner Entgleisung am 18.September die nächste schwere Niederlage nach der Landtagswahl einfahren wird. Trotzdem käme selbst dann ein Abtritt Schönbohms für Platzeck ungelegen: Weil es seine Regierung schwächen würde, die CDU ohne Schönbohm unberechenbarer wird. Man kann es sogar grundsätzlicher sehen: Für den „zweiten Aufbruch“ Brandenburgs zu einem normalen westlichen Bundesland ist Schönbohm noch unverzichtbar. Es ist tragisch, dass Schönbohm sein Brandenburger Lebenswerk so gefährdet hat.

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