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Schönefeld: Nachtflüge: Anrainer fühlen sich von Linken gelinkt

Gemeinden wollen gegen Planung mit durchschnittlich 100 Flugbewegungen klagen. Außerdem gibt es Irritationen wegen der vorgezogenen Vorlage des Konzepts.

Die Anliegergemeinden um den Flughafen Schönefeld wollen gegen die beschlossenen Nachtflugregelungen für den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) klagen. Dies haben die Bürgermeister am Mittwoch beschlossen. Und die brandenburgische Linke, mit der Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gerade ein rot-rotes Bündnis schmiedet, bekommt neuen Ärger: Nach dem prinzipiellen Ja zum weiteren Abbau von Braunkohle in der Lausitz, das in der Partei schon Unmut schafft, muss sie als künftiger SPD-Regierungspartner nun auch Nachtflüge über Schönefeld mittragen. Dabei hatte die Linke zumindest im Wahlkampf in der Region ein generelles Nachtflugverbot gefordert. In der Region war auch das Wahlprogramm so verstanden worden, in dem allerdings schon mit Blick auf ein mögliches Rot-Rot zurückhaltender formuliert war: „Den Belastungen durch Fluglärm ist durch einen großräumigen passiven und aktiven Anwohnerschutz unter Einhaltung von Nachtflugverboten zu begegnen.“ Im bisherigen internen Entwurf des rot-roten Koalitionsvertrages heißt es dazu nur: Es bleibe „eine wichtige Aufgabe“, „den BBI so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten und effektiven und passiven Lärmschutz zu gewährleisten.“

Für den Schulzendorfer Bürgermeister Herbert Burmeister, selbst Mitglied der Linken, ist das eine Kursänderung der Partei, ein „Verrat an den Betroffenen in der Region.“ Im Wahlkampf habe die Linke sogar auf Plakaten für ein Nachtflugverbot geworben. Dass die Partei den am letzten Tag der alten Legislatur verkündeten Nachtflugbeschluss mittrage, sei „schlimm.“ Die noch von der alten Regierung zugestandene Möglichkeit, nachts auch von 22 Uhr bis 23.30 Uhr und bereits von 5.30 Uhr bis 6 Uhr weitgehend ungehindert fliegen zu können, entspreche kaum dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2006. Damals hatten die Richter festgelegt, dass zu diesen Zeiten nur Flüge stattfinden dürfen, die betrieblich und wirtschaftlich unbedingt erforderlich sind. Für Burmeister ist die jetzige Regelung „viel zu pauschal“.

Unter den Betroffenen wundert man sich, mit welcher Eile der Beschluss vor dem Ende der Koalitionsverhandlungen gefasst wurde. Die Linke kann so bei Kritik von der Basis darauf verweisen, dass sie als Regierungspartei einen Beschluss mittragen müsse, an dessen Entstehen sie nicht beteiligt war.

Der Beschluss sei „überfällig“ gewesen und „Monate zu spät“, argumentiert dagegen Anita Tack, die Linke-Verkehrsexpertin. Nach ihren Worten wäre es „nicht legitim“ gewesen, als „Verfahrensträger“ die Entscheidung einem Nachfolger zu überlassen. Tack sieht den Beschluss selbst kritisch. „Wir haben uns für einen optimalen Anwohnerschutz eingesetzt. Der scheint nicht vorzuliegen.“

Das Infrastrukturministerium weist Vermutungen, der Beschluss sei aus Rücksicht auf Rot-Rot noch schnell gefasst worden, zurück. Er sei am vergangenen Freitag erfolgt und deshalb am Dienstag mitgeteilt worden, sagte Sprecher Lothar Wiegand. Als Termin war nach Tagesspiegel-Informationen aber ursprünglich Anfang November vorgesehen. Dann hätte die Entscheidung womöglich ein neuer Minister verkünden müssen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass das Infrastukturressort an die Linken fällt.

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