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Vor zehn Jahren erwarb die Sielmann-Stiftung eine 1000 Hektar große Seefläche bei Storkow (Oder-Spree) und schloss mit den dortigen Firschereibetrieben einen für beide Seiten günstigen Pachtvertrag. Diese Nutzung des Gewässers gilt als vorbildlich.

© picture alliance / ZB

Seen-Nutzung: Stille Wasser in Brandenburg

Brandenburg besitzt jetzt 82 Seen. Die Nutzung der vor zehn Jahren verkauften Groß Schauener Seenkette könnte als Vorbild für ihre Zukunft dienen.

Für die perfekte Idylle am See fehlen jetzt nur noch majestätisch ihre Runden drehende Fischadler. Die Vögel gibt es an der Groß Schauener Seenkette bei Storkow, 80 Kilometer südöstlich Berlins, tatsächlich in beachtlicher Zahl. Wie zum Beweis läuft in der kleinen Ausstellung auf dem Gelände der Fischerei Köllnitz eine Übertragung aus einem nahen Adlerhorst. In der Regel herrscht dort lebhafter Flugverkehr. Aber an diesem warmen Tag halten es die Adler wie die meisten Gäste am See: Sie suchen Schutz im Schatten und vermeiden jede unnötige Bewegung.

Selbst die stets agilen Kormorane sitzen wie erstarrt auf kahlen Bäumen am Ufer. Die in einer romantischen Bucht badenden Ausflügler dürften sie genau beobachten, um sich bei Gefahr schnell aus dem Staub machen zu können. Doch eigentlich besteht kein Grund zur Sorge. Mensch und Natur kommen hier erstaunlich gut miteinander aus. Am Abend ruft sogar die seltene Rohrdommel aus dem Schilf, während eine Trauerseeschwalbe der sinkenden Sonne entgegenfliegt.

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Derzeit finden nicht nur Tagesausflügler den Weg an die Seenkette. Auch Vertreter von Naturschutzverbänden, Anglervereinen, Fischereien, der Landesforstverwaltung, Stiftungen und Gemeinden mit Seezugang aus ganz Brandenburg blicken sich in Groß Schauen um und studieren das Modell. Das hört sich ganz einfach an. Die Stiftung des 2006 verstorbenen Tierfilmers Heinz Sielmann kaufte vor zehn Jahren eine mehr als 1000 Hektar große Seenfläche, um sie dauerhaft für den Naturschutz zu sichern. „Wo sich der Fischotter wohlfühlt, ist die Natur in Ordnung“, hatte Sielmann den Kauf einst begründet. Mit der ansässigen Fischerei schloss er einen für beide Seiten günstigen Pachtvertrag. Die Fischer verpflichteten sich zu einer „behutsamen Bewirtschaftung“, während die Stiftung ihnen einen langjährigen Broterwerb zusicherte. „Dieses Miteinander funktioniert bis heute ganz wunderbar“, bestätigt Michael Spielmann, Vorstand der fast ausschließlich von Spenden lebenden Stiftung. „Dieses Naturjuwel muss einfach der Region zur Verfügung stehen.“ Die Gäste wandern und radeln auf guten Wegen, besteigen einen Aussichtsturm, springen ins kühle Nass und kehren in Gaststätten mit vielen Fischgerichten auf der Karte ein.

So könnte es auch an den 65 Seen zugehen, die Brandenburg aus dem Bundesvermögen für 3,7 Millionen Euro erwarb. Weitere 17 See stammen aus dem sogenannten Preußenvermögen, gehören also schon lange Zeit dem Staat. Sie waren im deutsch-deutschen Einigungsvertrag schlichtweg vergessen worden. „Wir sammeln derzeit die Interessenbekundungen für Pacht und Bewirtschaftung von Seen“, bestätigt ein Sprecher des Infrastrukturministeriums. „In einigen Wochen wird über den Zuschlag entschieden.“ Der öffentliche Zugang zu den Gewässern müsse auf jeden Fall gewährleistet sein. Das Modell in Groß Schauen könnte also Schule machen.

Als schlechtes Beispiel gilt die Privatisierung des Wandlitzsees nördlich Berlins im Jahre 2003. Deren Folgen lösten eine landesweite Protestaktion mit zuletzt 110 000 Unterschriften gegen den Verkauf weiterer Seen aus. Denn entgegen der beim Verkauf des Wandlitzsees durch einen Treuhand-Nachfolger geäußerten Meinung, dass der Käufer aus Nordrhein-Westfalen mit dem Erwerb des Gewässers nichts anfangen könne, kassierte der Anwalt bei privaten und kommunalen Anrainern kräftig ab. Denn er ließ den See nachträglich vermessen und stellte gegenüber den vorliegenden Angaben aus dem Jahre 1906 eine entscheidende Veränderung fest: Der See war an einigen Stellen um bis zu 30 Metern geschrumpft und plötzlich gehörten dem Käufer Teile von Seegrundstücken und vor allem die Stege ins Wasser. 60 000 Euro musste die Gemeinde für ihr öffentliches Schwimmbad nachträglich blechen, die privaten Stegbesitzer zahlten bis zu 40 000 Euro. Viele konnten die Summe nicht aufbringen und zogen weg.

Auch auf anderen Seen sind die meistens zu DDR-Zeiten ins Wasser gebauten und entsprechend abgesperrten Steganlagen immer wieder ein Streitpunkt. Viele dürften wohl nach einer gewissen Schonfrist abgebaut werden müssen. So ragen allein im Grubensee in der Nähe von Storkow von einem Campingplatz 30 Stege ins Wasser, die dem Naturschutz entgegenstehen. In anderen Orten verlangt der Landesanglerverband erstmals Gebühren von den Nutzern der ins Wasser ragenden Konstruktionen. 15 Euro sind aber meistens zu verschmerzen.

In den Anrainerkommunen der jetzt offiziell dem Land Brandenburg gehörenden Seen ist die Freude über den Erwerb groß. „Wir können die Seen in der Umgebung zwar nicht selbst kaufen“, heißt es beispielsweise aus dem Angermünder Rathaus. „Aber eine Verwaltung durch das Land oder einen Naturschutzverband käme uns sehr entgegen.“ Groß Schauen liefert das Muster.

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