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Blick in die Ausstellung "Gerda Schütte: Fotografie! – Rückschau nach vorn".

© Lukas Heibges

Semjon Contemporary zeigt Gerda Schütte: Bilder aus der Hexenküche

Abstrakte Explosionen aus dem Dunkel. Die Galerie Semjon Contemporary ehrt die Fotografin Gerda Schütte mit einer Werkschau.

Gerda Schütte nutzt das Medium der Fotografie, doch Abbilder interessieren sie nicht. Schon ihre erste Arbeit von 1989 übersteigt das rein Dokumentarische, sie zeigt ein kreisrundes Steinfeld und einen Schatten. Es könnte der Umriss einer Pflanze sein oder eine Skulptur. Erst der Titel klärt, dass sich in dieser Gestalt die Künstlerin selbst verbirgt: Es handelt sich um ein Selbstporträt (2000 Euro).

Mit dem Körper abstrakte Formen zu komponieren und diese fotografisch festzuhalten – das war der Ausgang ihrer Arbeit. Entweder diente der eigene Körper als Gegenstand fotografischer Experimente oder Schütte engagierte Modelle. Fotografie heißt für die seit 40 Jahren in Paris lebende Künstlerin stets analoges Aufnehmen in Schwarz-Weiß. So tritt das Formale stärker in den Vordergrund, und Schütte kann noch viel geschickter mit Täuschungen operieren. Denn oft weiß man bei ihren Bildern nicht, was sie eigentlich zeigen, welcher Rest an Gegenständlichkeit sich dahinter verbirgt.

Die Einzelbilder der Serie „Les signes de vie“ von 1990 sind von zarter Erotik (Preis auf Anfrage), sie könnten die weibliche Scham oder Vulva, aber auch etwas Pflanzenhaftes oder einfach nur Abstraktes zeigen. Die Arbeiten geben ihr Geheimnis nicht preis, lassen den Betrachter im Ungefähren. Wie sehr Gerda Schütte das minimalistische Spiel mit abstrakten Formen interessiert, verrät ihre Serie „Jeu de boules tournantes“ (je 950 Euro). Das kleine, hochkantige Format besteht unten jeweils aus einem schwarzen Quadrat, während oben kreisförmig durchsichtige Licht-Schatten-Gebilde sichtbar sind.

Vieles ist im Fotolabor dem Zufall geschuldet

Die Galerie Semjon Contemporay zeigt anlässlich Schüttes 75. Geburtstag nun eine kleine Retrospektive ihrer Arbeiten, angefangen von den frühen analogen Arbeiten bis hin zu den Fotogrammen, die seit etwa 2002 entstehen. Hier gelingt es ihr, das Spiel mit den Formen noch zu verstärken. Denn wem es nicht ums Gegenständliche geht, der kann den Abbildungsapparat auch gleich zur Seite legen. Im Labor verlässt sich Gerda Schütte ganz auf die Magie des lichtempfindlichen Fotopapiers und ihre Erfahrung. Vieles dabei ist dennoch dem Zufall geschuldet, da die Prozesse nur bedingt kontrollierbar sind. „Das ist der Moment, bei dem ich mich tatsächlich wie in einer Hexenküche oder als Alchimist empfinde“, beschreibt Gerda Schütte ihr Verfahren in einem Interview. „Entwürfe gibt es eigentlich nicht, aber natürlich immer wieder eine Idee. Damit fängt es an.“

Das Ergebnis könnte nicht eindrucksvoller sein: Blumen und Pflanzen erscheinen auf dem Papier wie auf feinen Tuscheaquarellen oder filigranen Zeichnungen. Sphärische Formen bilden transparente Lichtmalereien. Abstrakte Explosionen aus dem Dunkel wirken wie geheimnisvolle Signale aus dem All. Und neben Schwarz und Weiß bilden sich zarteste Grauschattierungen.

Semjon Contemporary, Schröderstr. 1; bis 18. 11., Di–Sa 13–19 Uhr. Am Samstag, den 4.11., um 19.00 Uhr, wird die Künstlerin eine Bilderschau durchführen und über ihr Werk sprechen.

Angela Hohmann

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