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Brandenburg: "Sequenzen": Spannungsgeladene "Herz-Bilder" und lyrische Fotomotive

Dass im Schatten der Potsdamer Schlösser und Gärten noch eine zeitgenössische Form hiesiger Kultur gedeiht, demonstriert eine Ausstellung in der "Ticket-Galerie". Kurator Andy Kern hat sich der Sammlung der Lotto GmbH bedient, um in den barocken Ausstellungsräumen Sequenzen brandenburgischer Kunst der neunziger Jahre zu zeigen.

Dass im Schatten der Potsdamer Schlösser und Gärten noch eine zeitgenössische Form hiesiger Kultur gedeiht, demonstriert eine Ausstellung in der "Ticket-Galerie". Kurator Andy Kern hat sich der Sammlung der Lotto GmbH bedient, um in den barocken Ausstellungsräumen Sequenzen brandenburgischer Kunst der neunziger Jahre zu zeigen. Die Arbeiten der 16 Künstler zeigen den Abstraktionswillen ostdeutschen Schaffensdranges. Sie vertreten die von jeglicher Realismustümelei entstaubte märkische Kunst: Streusand kommt hier allenfalls noch strukturgebend in den Mischtechniken Bernd Krenkels vor. Für drei Wochen den Unternehmensräumen entliehen, ist auch ein Werk der einstigen Underground-Kultfigur des Ostens, Hans Scheuerecker, zu sehen.

Energetisch hoch geladen sind die in ihrem mutigen Komplementärkontrast blutvollen "Herz-Bilder" von Stefan Eisermann. Die Fotoszene Brandenburgs präsentiert sich unter anderem im lyrischen Naturalismus des aus Cottbus stammenden Thomas Kläber, in der bis zur partiellen Unschärfe temperamentvollen Russlandaufnahme von Frank Gaudlitz, den symbolistischen "German Physiognomies" von Kubiak & Rauch und den surrealen, optisch die Grenze zwischen Fotografie und Malerei überschreitenden Portraits von Sibylle Bergemann. Mit dieser vielfältigen Auswahl brandenburgischer Kunstwerke will der Galerist Andy Kern über das "Seh-Vergnügen" hinaus auch an die Verantwortung der Stadt appellieren, sich mehr um die bildende Kunst der Gegenwart in Potsdam zu kümmern. "Potsdam ist die einzige Landeshauptstadt ohne städtische Kunstsammlung", sagt Kern. Es gebe keine Kunsthalle und das vor sich hin dümpelnde Potsdam-Museum genüge den Ansprüchen der Künstler nicht annähernd. Galerist Kern sieht auch die Erhaltung der kommunalen "Ticket-Galerie" angesichts der angespannten Haushaltslage der Stadt in Gefahr.

Die Ausstellung zeigt deutlich, dass kaum eine Zeit so viele Umbrüche in Künstlerbiographien und -handschriften mit sich gebracht hat wie die 90er Jahre. Doch Potsdamer Bürgersinn gibt sich traditionsbewusst und konservativ. "Wir haben Glück gehabt, dass die beiden Arbeiten von Stefan Eisermann in der Sammlung der Lotto GmbH aufbewahrt worden sind", sagte Kern. Dass sich um den Nachlass des vor zwei Jahren verstorbenen Künstlers inzwischen auch ein Freundeskreis kümmert, sei eine erfreuliche Ausnahme, aber keine langristige Lösung für die kultureller Misere der Stadt, sagen Kenner der Potsdamer Kunstszene. Und nach drastischen Kürzungen der Lottomittel für die Landeskultur könne man sich noch weniger auf fremde Hilfe verlassen.

Hanne Bahra

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