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Brandenburg: Sieger kann Verlierer sein

Europa-Wahl: Selbst wenn die CDU die SPD schlägt, könnte der CDU-Kandidat ohne Mandat bleiben

Potsdam - Die Europawahl in Brandenburg – das ist eine zum Teil paradoxe Angelegenheit: Der SPD-Spitzenkandidat Norbert Glante muss sich nicht um den Wiedereinzug ins Europaparlament sorgen, obwohl die SPD laut Umfragen am Sonntag von der CDU geschlagen wird, und Glante gar nicht auf dem Wahlzettel steht. Hingegen kann es dem CDU-Spitzenmann Christian Ehler passieren, dass er trotz des erwarteten Wahlsieges seiner Partei nicht vom Landtag ins Europaparlament wechseln wird.

Wie das kommt? Die Brandenburger SPD tritt wie alle deutschen Parteien außer der CDU/CSU nicht mit einer eigenen Landesliste an. Auf der Bundesliste aber hat Glante den sicheren Listenplatz 20. Das bedeutet: Egal wie die SPD in Brandenburg abschneidet, sein Europa-Mandat ist ihm praktisch sicher. Dabei stehen auf dem Wahlzettel aus Platzgründen nur die ersten zehn Kandidaten der SPD-Bundesliste, Glante taucht also nicht auf. Möglicherweise wird das den einen oder anderen Wähler doch verunsichern: Denn Name und Foto des Mannes aus Werder stehen auf den Wahlplakaten im ganzen Land. Für SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness ist die Bundesliste in erster Linie eine „Solidaritätsliste“. Sie garantiere, dass „kleine Länder wie Brandenburg nicht benachteiligt“ würden und auch Europa-Abgeordnete bekämen. Nachteil sei aber, „dass Glantes Name nicht auf dem Wahlzettel steht“, der Wähler nicht explizit für ihn stimmen kann.

Der Name von Glantes CDU-Kontrahenten Ehler findet sich zwar auf dem Wahlzettel, weil die CDU wie in allen Bundesländern auch in Brandenburg eine eigene Landesliste hat. Doch muss er im Gegensatz zu Glante seine Stimmen allein in Brandenburg holen. Ehler: „Ich muss hier gewinnen.“ Das wäre normalerweise kein Problem. Doch wenn die Wahlbeteiligung in Westdeutschland deutlich höher als in Brandenburg liegt, wird es gefährlich für ihn. Denn entscheidend ist die absolute Stimmenzahl. Unter Umständen liegt dann der hessische Listenplatz 4 vor der Nummer 1 in Brandenburg. Das Szenario ist nicht ganz unwahrscheinlich, war Brandenburg doch schon bei der letzten Europawahl 1999 mit 30 Prozent Wahlbeteiligung bundesweit das Schlusslicht. Angesichts der miesen Stimmung im Land dürfte sie diesmal noch niedriger sein. Fällt sie unter 20 Prozent, würde es eng für Ehler.

„Kein Mensch interessiert sich für diese Wahl“, klagte jüngst auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). So hat seine Partei die Europawahl bereits aufgegeben: „Wir werden es nicht schaffen, unsere Wähler zu mobilisieren.“ Umfragen sagen der SPD 25 Prozent voraus, der CDU hingegen 33. Sie würde damit wie schon bei der Kommunalwahl stärkste Partei im Land.

Die PDS, die um den Wiedereinzug ins Europaparlament bangen muss, kann nach Umfragen in ihrer Hochburg Brandenburg mit 22 Prozent rechnen. Damit würde sie ihr Wahlziel von 25 Prozent verfehlen. Spitzenkandidat Helmuth Markov steht auf Platz 2 der Bundesliste und damit auf dem Wahlzettel. Schafft die PDS die 5-Prozent-Hürde, wäre er drin.

Von den Kandidaten der kleinen Parteien hat nur die Brandenburger Spitzenkandidatin der Grünen, Elisabeth Schroedter, seit 1994 im Europaparlament, eine geringe Chance: Sie steht auf Listenplatz 11. Damit sie im Europaparlament bleiben kann, müssten die Grünen bundesweit über zehn Prozent kommen. Keine Chance werden FDP-Spitzenbewerber Michael Stroh mit Listenplatz 16 eingeräumt. Bestenfalls werden also vier Brandenburger ins Europaparlament einziehen. Sicher ist das aber nicht.

Michael Mara[Thorsten Metzner]

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