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Brandenburg: SPD geht von Erfolg bei Bürgermeisterwahlen aus

Das Ziel ist gesteckt: Die SPD will bei den morgen beginnenden Wahlen der hauptamtlichen Bürgermeister "die eindeutig dominierende politische Kraft" bleiben und mehr Rathäuser als bisher erobern, wie Landesgeschäftsführer Klaus Ness erklärte. Und weder CDU noch PDS gehen davon aus, die SPD "überholen" zu können.

Das Ziel ist gesteckt: Die SPD will bei den morgen beginnenden Wahlen der hauptamtlichen Bürgermeister "die eindeutig dominierende politische Kraft" bleiben und mehr Rathäuser als bisher erobern, wie Landesgeschäftsführer Klaus Ness erklärte. Und weder CDU noch PDS gehen davon aus, die SPD "überholen" zu können. PDS-Landeschef Ralf Christoffers hofft, dass seine Partei nach dem Wahlerfolg in Berlin in Brandenburg neue Bürgermeister-Posten hinzugewinnen kann: Sie stellt bisher nur zwei hauptamtliche Bürgermeister. Sie ist damit - geht man von ihrer Stärke in der Landespolitik aus - "unterrepräsentiert". Die SPD kann mit 23, die CDU mit 19 hauptamtlichen Bürgermeistern glänzen, die FDP, die nicht im Landtag vertreten ist, stellt sieben.

Die Bürgermeisterwahlen gelten wegen ihrer Besonderheiten nicht als Test für die Kommunalwahlen 2003 und die Landtagswahl 2004. Doch erwarten die Parteien Aufschlüsse über das Stimmungsbild, erst recht, da die letzte Wahl 1993 stattfand. Sie hoffen außerdem, ihre Ausgangspositionen für die Kommunalwahlen zu verbessern. Insgesamt werden morgen und nächsten Sonntag in 43 Kommunen hauptamtliche Bürgermeister gewählt. Um die Posten bewerben sich 139 Kandidaten, 35 davon sind bereits Bürgermeister und stellen sich zur Wiederwahl. Mit 38 Kandidaten führt die SPD die Liste an, gefolgt von der CDU mit 31. Die PDS schickt 22 Bewerber ins Rennen, die FDP zwölf, die Grünen, die bisher keinen hauptamtlichen Bürgermeister stellen, bringen es auf vier. Dass selbst die SPD nicht in allen Kommunen antritt, liegt an der dünnen Personaldecke, unter der alle Parteien leiden. Hinzu kommen 22 Einzelbewerber und weitere neun Kandidaten, die für Wählergruppen antreten. Rechtsextreme Parteien treten nicht an, selbst die im Landtag vertretene DVU nicht.

Rein statistisch bewerben sich um jedes Amt rund drei Kandidaten. Dabei gibt es vier Kommunen, wo nur jeweils ein Bewerber antritt. Dafür bewerben sich in zwei Gemeinden, Neuruppin und Doberlug-Kirchhain, je sechs. Wahrscheinlich wird es in einer größeren Zahl von Gemeinden Stichwahlen geben, die am 2. Dezember stattfinden. Abgeschlossen werden die Bürgermeisterwahlen am 24. Februar mit der Wahl der Oberbürgermeister in Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg (Havel).

Filzvorwürfe

Neuruppin: Als spannendster Wahlort gilt die Fontanestadt Neuruppin, wo der Wahlkampf in einem "Medienkrieg" gipfelte: Vier Bürgermeister- Kandidaten (SPD, CDU und FDP sowie ein Parteiloser) schlossen sich zu einer Allianz gegen den Lokalsender "Ruppin TV" zusammen. Ihr Vorwurf: Ruppin TV unterstütze einseitig zwei andere Bewerber - den erneut kandidierenden PDS-Bürgermeister Otto Theel sowie den Stadtwerke-Chef Dietmar Lenz. Dahinter vermuten die vier Beschwerdeführer Filz: Der Lokalsender wird von den Stadtwerken - deren Aufsichtsratsvorsitzender Bürgermeister Theel ist - über Werbeverträge mitfinanziert. Dass Stadtwerke-Chef Lenz gegen Theel antritt, gilt bei Beobachtern als taktisches Manöver, um die Chancen der vier anderen Bewerber zu schmälern. Letztlich werde Theel das Rennen machen, prophezeien viele Neuruppiner.

Kein Wahlkampf

Beeskow: Anders als in Neuruppin ist die Welt in Beeskow noch in Ordnung: Es gibt keine Schlammschlacht, keine polemischen Wahlreden, nicht einmal Wahlplakate haben die beiden Bewerber geklebt: Bürgermeister Fritz Taschenberger von der SPD und Junganwalt Björn Puffpaff von der FDP verweigerten den Wahlkampf. Beide mögen sich und finden, dass es schade ums Geld wäre. "Wen ich nicht durch meine Arbeit überzeugt habe, kann ich auch nicht durch Plakate gewinnen", ist Taschenberger überzeugt. Auch der Gegenkandidat gibt sich moderat: "Ich kann ihm eigentlich nichts vorwerfen", bekennt Puffpaff. Er kandidiere eigentlich nur, "damit nicht einer allein antritt". Auszusetzen hätte Puffpaff an der als wahrscheinlich geltenden Wiederwahl Taschenbergers allenfalls, dass dieser am Ende der neuen achtjährigen Amtsperiode fast 20 Jahre regiert hätte.

Grüne im Speckgürtel

Kleinmachnow: In dem hübschen Vorort Berlins wird wie in anderen Speckgürtel-Gemeinden ein besonders spannendes Rennen erwartet. Der Grund: In den letzten Jahren sind sehr viele Einwohner aus dem Westen neu zugezogen, es kamen auch viele Alteigentümer zurück, was in der Vergangenheit für Spannungen in dem Ort sorgte. Die Kräfteverhältnisse sind durch die massive Zuwanderung nur schwer einzuschätzen. Trotzdem glauben viele, dass SPD-Bürgermeister Wolfgang Blasig zumindest im zweiten Wahlgang wiedergewählt wird - zumal er auch von der PDS unterstützt wird, die ihrerseits keinen eigenen Kandidaten aufstellt. Allerdings machen sich auch die Grünen mit ihrer Kandidatin Cornelia Behm Hoffnungen. Dritter im Bunde ist CDU-Kandidat Thomas Barth, ein Neukleinmachnower, dem die geringsten Chancen eingeräumt werden.

Zwei SPD-Bewerber

Birkenwerder: Der Ort bei Oranienburg fällt aus dem Rahmen, weil hier zwei Sozialdemokraten um das Amt des Bürgermeisters kämpfen: Der wegen des Stils seiner Amtsführung umstrittene amtierende Bürgermeister Kurt Vetter und der Landesbeamte Sebastian Berwig. Letzterer ist von der SPD offiziell nominiert worden, aber Bürgermeister Vetter will nicht akzeptieren, dass die Partei ihn nicht mehr aufgestellt hat. Deshalb tritt der 57-jährige, den alle 18 Gemeindevertreter im Sommer wegen angeblicher Dienstpflichtverletzungen zum Rücktritt aufgefordert hatten, als Einzelbewerber an. Viele Einwohner hätten ihm Mut gemacht, erklärte Vetter. Berwig befürchtet nun, dass ihm die Kandidatur seines Parteigenossen Stimmen kosten könnte. Vor diesem Hintergrund rechnen sich die CDU- und PDS-Kandidaten Chancen aus.

Wahl per Knopfdruck

Hennigsdorf: Hennigsdorf nimmt für sich in Anspruch, die erste Kommune in Brandenburg gewesen zu sein, die sich für die Wahl per Knopfdruck entschied. Allerdings macht das kleinere Fredersdorf/Vogelsdorf den Hennigsdorfern den Ruhm streitig: Auch dort wird am Sonntag mit Genehmigung des Innenministeriums nicht per Stimmzettel, sondern mit Hilfe von "Wahlmaschinen" gewählt. Die Computer wurden in Köln, wo man Erfahrungen mit der Wahl per Knopfdruck hat, geliehen. Die Hennigsdorfer beziehen sie hingegen direkt vom Hersteller. Die Frage ist, wer am Sonntag zuerst das endgültige Wahlergebnis vorlegen kann. Es scheint, dass der Siegeszug der Wahlmaschinen in Brandenburg nicht mehr aufzuhalten ist: Im Februar soll auch in Cottbus der Oberbürgermeister per Knopdruck gewählt werden.

Loch in der Kasse

Bad Freienwalde: Die Wiederwahl des amtierenden Bürgermeisters Ralf Lehmann könnte vor allem aus einem Grund scheitern: Weil Weihnachten bevorsteht und der agile Einzelbewerber den städtischen Mitarbeitern das Weihnachtsgeld gestrichen hat. Vor ein paar Tagen war nicht einmal klar, ob das Dezembergehalt gezahlt werden kann. Hintergrund ist ein Finanzskandal: Im Haushalt der Kleinstadt mit Ambitionen klafft ein Loch von sechs Millionen Mark, ein Nachtragshaushalt wurde bisher nicht genehmigt. Seine Gegner von SPD, CDU und PDS werfen dem parteilosen Lehman vor, das knappe Geld in den Straßenbau zu stecken. Der Personalrat forderte jüngst pünktliche Entlohnung der Mitarbeiter und Weihnachtsgeld statt Wahlkampf durch Straßenbau. Abzuwarten bleibt, ob die Mehrheit der Bad Freienwalder das auch so sieht.

Michael Mara

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