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Sport: … aber Tennis kann sie auch

Von Benedikt Voigt Wimbledon. Was macht man bloß mit so einem Titel?

Von Benedikt Voigt

Wimbledon. Was macht man bloß mit so einem Titel? „Sexiest Woman in Tennis“ darf sich die Slowakin Daniela Hantuchova nennen, seit das Tennismagazin „Ace“ sie in diesem Jahr mit eben dieser Bezeichnung zur attraktivsten Spielerin der Tenniswelt kürte. Was die englischen Boulevardblätter aus dieser Vorgabe während des Turniers in Wimbledon machen, dürfte nur Nicht-Engländer überraschen. „Das Babe aus Bratislava“ nennt der „Daily Mirror“ die 19-Jährige, alternierend auch: „Die Beine aus der Slowakei". Irgendein Journalist muss der bedauernswerten Daniela Hantuchova in der Umkleidekabine mit einem Maßband aufgelauert haben, wie anders ist zu erklären, dass nun auch noch die Länge ihrer Beine durch die Gazetten kursiert: 44 Inch.

Das alles kennt man bereits von ihrer Vorgängerin als „Sexiest Woman in Tennis“ im Jahr 2000. Anna Kurnikowa bekam damals diesen Titel, doch die Slowakin ist nicht mit der Russin zu vergleichen. Das zeigt schon der Blick auf die aktuellen Ergebnisse in Wimbledon. Hantuchova steht nach ihrem 6:4, 7:5-Erfolg über Jelena Dokic zum ersten Mal in einem Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers und bekommt es heute mit Serena Williams zu tun. Kurnikowa verabschiedete sich in Wimbledon bereits in der ersten Runde und fiel sonst nur auf, weil sie in Interviews ausgesucht zickig antwortete. Inzwischen ist die Russin schon fast länger in einem Musikvideo von Enrique Iglesias zu sehen als auf Tennisturnieren – so schnell scheidet sie aus. Ihre größten Erfolge verzeichnet die 21-Jährige bei den Sponsoren. Kurnikowa ist längst ein Model, das Tennis spielt. Bei Daniela Hantuchova ist das umgekehrt. Sie ist eine Tennisspielerin, die gut aussieht.

„Ich weiß, dass die Leute bei mir gerne über andere Dinge sprechen“, sagt die Slowakin, „aber ich denke, dass ich in diesem Turnier bewiesen habe, dass sie auch über mein Tennis sprechen können." Bis auf Rang 13 hat sich Hantuchova in der Weltrangliste nach vorne gearbeitet, im Gegensatz zu Kurnikowa gewann sie als Profi auch bereits ein Turnier. Im März war das, in Indian Wells. Sie beherrscht die Grundschläge ausgezeichnet, ihr Serve-and-volley-Spiel ist noch verbesserungswürdig. In Wimbledon profitiert sie auch von der Erfahrung ihres englischen Trainers, der sie auf diesen Untergrund vorbereitet hat. „Ich fühle mich jetzt richtig wohl auf Gras“, sagte Hantuchova, „ein englischer Coach weiß einfach, wie man auf Gras spielen muss.“ Überhaupt haben die englischen Zuschauer in Wimbledon die schlanke Slowakin ins Herz geschlossen. „Ich glaube, mit jedem Tag hier gewinne ich mehr Freunde“, staunt die 19-Jährige. Nach dem schwachen Auftritt von Kurnikowa driftet das Interesse immer mehr zur zweiten Schönheitskönigin auf Gras. „Ich weiß, dass mich die Zuschauer unterstützen – und das hilft“, sagte Hantuchova.

Die zwei Jahre ältere Russin ist für die Slowakin inzwischen ein abschreckendes Beispiel. „Es wäre einfach für Daniela, den selben Weg zu nehmen“, sagt ihr Trainer Nigel Sears, „sie wäre die geeignetste Person, um diese Rolle zu übernehmen - aber alles, woran sie in diesem Moment interessiert ist, ist der Erfolg auf dem Tennisplatz.“ Schon früh war das Talent der Tochter aus einer Tennisfamilie erkannt worden.

Mit zwölf Jahren stand sie bereits bei der Vermarktungsgesellschaft IMG unter Vertrag, die sie dann mit 14 Jahren zu Nick Bollettieris Tennis-Akademie nach Florida schickte. „Ich will unter die Top Ten“, hat sie gesagt. Dieses Ziel könnte sie mit einem Sieg heute über Serena Williams erreichen. „Alles hängt davon ab, wie Serena spielt“, sagte Jelena Dokic, „wenn sie gut genug spielt, wird es sehr schwer für Daniela." Bei aller Konzentration auf den Sport kommt Hantuchova das Image als Glamour-Girl nicht ungelegen. „Mir ist schon bewusst, dass die Show heute mit zum Geschäft gehört“, sagte Hantuchova, „wenn ich auf dem Platz bin, ist das, als ob ich mich auf einem Laufsteg bewege.“ Sanft fördert sie ihr Image als Schönheitskönigin auf dem Tennisplatz. „Ich kann mich ja nicht hässlicher machen als ich bin, um als Tennisspielerin ernst genommen zu werden.“ Ihr Ausrüster Nike hilft dabei zum Beispiel dadurch, dass man für die Australian Open ein schwarzes Kleid schneiderte. Sie soll damit selbst Kurnikowa die Show gestohlen haben. Und das will was heißen.

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