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Sport: … und dem Frieden zugewandt

Mehr als 500 Sportler unterstützen einen Appell gegen den Krieg – vor allem Ostdeutsche

Berlin. Gustav-Adolf Schur hat nicht mehr viel zu tun. Seitdem der ehemalige Radrennfahrer nicht mehr für die PDS im Bundestag sitzt, schaut er alle zwei Wochen in Magdeburg beim Landessportbund vorbei – dort ist er Ehrenpräsident. Ansonsten sitzt Schur vor dem Fernseher und verfolgt die Nachrichten aus der weiten Welt. Manchmal aber treibt es Schur, das ostdeutsche Radsport-Idol der 50er und 60er Jahre, nach draußen auf die Straße. Dann geht er demonstrieren.

Im Januar dieses Jahres lief Schur mit einer Rose in der Hand bei der traditionellen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration durch Berlin. Schur tut das jedes Jahr, er hat das schon zu DDR-Zeiten getan. Vor den Gräbern der Arbeiterführer traf Schur alte Freunde, die auch mal große Sportler waren und jetzt Rentner sind – etwa Klaus Köste, den ehemaligen Turner, und Gunhild Hoffmeister, die einstige Leichtathletin. „Wir müssen was gegen den Krieg tun“, sagte Schur. „Sportler müssen die Sache, die im Irak anläuft, aufhalten“, meinte Hoffmeister. Köste antwortete nur: „Gut, wir machen was. Ich kümmere mich drum.“ Ein paar Tage später gab es den Appell „Sportler für den Frieden“.

Klaus Köste hat jetzt viel zu tun. „Ich habe unseren Friedensappell gerade an die Vereinten Nationen geschickt“, berichtet der Sachse stolz am Telefon. „Wir haben schon 542 Unterschriften.“ Köste, der sich sonst gern als Gärtner und Butler seiner Frau bezeichnet, hat eine große Aufgabe gefunden. Er empfängt nun täglich Post von friedensbewegten Sportlern, etwa von der Nationalmannschaft der Sportakrobaten oder den deutschen Kanufahrern, die gerade in Australien trainieren. Köste sagt: „Wir machen weiter, bis wir Tausende sind.“

Schwer dürfte das nicht werden. Denn der Text des Friedensappells ist unverfänglich. Unter anderem heißt es: „Gerade weil der Sport ein Symbol für friedliches Miteinander ist, gilt unser ganzes Engagement dem Frieden in der Welt.“ Und: „Wir plädieren dafür, dass möglichst viele deutsche Sportlerinnen und Sportler ihre Stimme gegen einen drohenden Krieg im Irak oder sonst wo auf der Welt erheben.“ Köste sagt: „Das sind doch Sachen, die jeder unterschreiben kann.“

Bis jetzt haben vor allem ostdeutsche Sportler unterschrieben. Zum Beispiel Jens Weißflog, der Skispringer. Auch er schaut täglich Nachrichten. „Wenn ich all die Kriegsschiffe sehe, frage ich mich, ob nicht nur Kriegsmaterial verbraucht werden soll, damit wieder neues produziert werden kann.“ Dass sich vorrangig Ostdeutsche am Aufruf beteiligen, findet Weißflog normal. Die ehemaligen DDR-Bürger seien eben nicht mit deutsch-amerikanischer Freundschaft aufgewachsen. Weißflog sagt: „Der Marshall-Plan zum Wiederaufbau der Bundesrepublik war gegen die Leute im Osten gerichtet.“

Immerhin, einen gesamtdeutschen Ansatz hat der Appell. Er beruft sich auf die Initiative „Sportler für den Frieden“, die sich Anfang der 80er Jahre in Köln bildete und auch an Ostdeutsche richtete. Angesichts des atomaren Wettrüstens sprachen sich damals Sportler um den Ruderer Horst Meyer gegen Krieg aus und veranstalteten Sportfeste und Friedensläufe. Der damalige Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, Willi Daume, stellte sich hinter die Aktion, sogar der vormalige Bundeskanzler Willy Brandt schickte ein Grußtelegramm. Der Verfassungsschutz ordnete die Initiative dagegen als kommunistisch unterwandert ein.

Gustav-Adolf Schur kann sich noch gut an die alten Zeiten erinnern. „Damals wurde etwas bewegt“, sagt er. „Das wollen wir heute auch tun.“ Am Samstag war Schur wieder in Berlin auf der Straße – bei der großen Demo gegen den Krieg.

Der Friedensaufruf im Internet:

www.gymmedia.com/friedensappell

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