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Benjamin Köhler (rechts) will sich langsam in die Mannschaft des 1. FC Union zurückkämpfen.

© dpa

1. FC Union Berlin: Benjamin Köhler steht nach Krebserkrankung wieder auf dem Platz

Unions Benjamin Köhler ist nach seiner Krebserkrankung wieder in der Lage, Spiele zu bestreiten. Er fühle sich zu gesund um aufzuhören, sagt er.

In den Waden machte sich langsam der erste Muskelkater breit, auch im Rest des Körpers begann es zu zwicken. Für Benjamin Köhler war es das schönste Gefühl überhaupt. Erschöpft aber glücklich verschwendete er am Sonntagabend keine Gedanken an eine allzu frühe Bettruhe, mit seinen Mannschaftskollegen saß der Fußballer des 1. FC Union noch eine ganze Weile zusammen. Es wurde gelacht und gequatscht und Köhler verspürte in diesen Stunden eine innere Zufriedenheit, wie sie Sportler überkommt, die gerade eine wichtige Etappe gemeistert haben.

Wenige Stunden zuvor hatte Köhler mit den anderen auf dem Platz gestanden und ein offizielles Fußballspiel bestritten – zum ersten Mal, seit bei ihm am 4. Februar 2015 Lymphdrüsenkrebs festgestellt worden war. Die Krankheit hat er inzwischen besiegt, mithilfe einer Chemotherapie.

Nun will sich Köhler zurückkämpfen in den Kader des Berliner Zweitligisten, der am 5. Februar in Kaiserslautern sein erstes Spiel nach der Winterpause bestreitet. „Vom Gefühl her ist das zu früh, so weit bin ich noch nicht“, sagt Köhler. Aber es werde mit jeder Trainingseinheit, mit jedem Spiel, besser. Im Trainingslager an der spanischen Mittelmeerküste machte er die meisten Übungen mit der Mannschaft mit, nur wenn es um die Feinabstimmung ging, blieb er außen vor. Ein Signal, dass Trainer Sascha Lewandowski noch nicht mit ihm plant.

Ende August hatte Köhler mit leichtem individuellen Training begonnen, seit November ist er wieder bei den Einheiten der Mannschaft dabei. Schritt für Schritt will er sich nochmal in eine körperliche Verfassung bringen, die es ihm erlaubt, auf professionellem Niveau zu spielen.

Er braucht weiter ein Ziel, braucht weitere Etappen

Gegen die spanische Auswahl hielt Unions Mittelfeldspieler 81 Minuten durch. In dieser Zeit gelangen ihm ein Tor vom Elfmeterpunkt und eine Vorlage. „So langsam kommt das Gefühl fürs Spiel wieder. Vor einigen Tagen fühlte sich das noch anders an“, sagt Köhler. Der Krebs hatte ihm erst die Haare und dann die Kondition genommen. Seine Haare hat er wieder und auch die Kraft wird immer mehr. „Ich fühle mich jetzt besser, das tägliche Training tut mir gut“, sagt Köhler und klingt zufrieden.

Lange war nicht sicher, ob ihm sein Sport und das viele Training wirklich noch gut tun werden. Nach einer Krebserkrankung wieder Leistungssport zu treiben ist eine gewaltige Herausforderung, die nicht jeder Körper annimmt und besteht. Erst recht nicht, wenn der Körper wie in Köhlers Fall schon 35 Jahre alt ist.

Er müsste sich das auch alles nicht mehr antun. Das Trainingslager, das frühe Aufstehen, die Läufe. Köhler hat seine Spiele gemacht, 169 Mal Bundesliga, 138 Zweite Liga – bis jetzt. Nicht die ganz große Karriere, aber eine, die ihm ein finanziell sorgenfreies Leben ermöglicht. Warum also nicht kürzer treten, jetzt wo er wieder gesund ist?

„Weil ich während der Krankheit ein Ziel brauchte“, sagt Köhler. Es gebe genügend Menschen, die ihm die Rückkehr ins Team nicht zutrauen würden. Denen will er das Gegenteil beweisen. Als Leistungssportler hat er immer auf Ziele hingearbeitet, sich vorbereitet und in Etappen gedacht. Damit jetzt aufzuhören fällt ihm schwer. Im Sommer läuft sein Vertrag beim 1. FC Union aus, gern würde er ihn verlängern. Benjamin Köhler möchte noch ein bisschen spielen, er fühlt sich einfach zu jung zum Aufhören. Und zu gesund.

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