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Sport: 1. FC Union: Matterhorn statt Mazedonien

Er brauchte nur den Kopf in den Nacken zu legen, dann blickte er hinauf zum Matterhorn. Harun Isa, Torjäger des Fußball-Zweitligisten 1.

Von Karsten Doneck, dpa

Er brauchte nur den Kopf in den Nacken zu legen, dann blickte er hinauf zum Matterhorn. Harun Isa, Torjäger des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union, hat in Zermatt auf Einladung eines Onkels Urlaub gemacht. Eine Woche lang. Den Gipfel des mächtigen Bergmassivs, stolze 4478 m hoch gelegen, hat er in dieser Zeit nie erklommen. "Zu gefährlich", sagt er. Bis auf 3100 m hat er sich mal hochgewagt, aber dann war Schluss. Eigentlich wäre Isa in den fußballfreien Wochen ja viel lieber nach Mazedonien gefahren und hätte in Tetovo seine Eltern besucht. "Aber", sagt er, und Wehmut klingt bei ihm durch, "die politische Situation dort hat mich davon abgehalten."

Zum Thema Online Spezial: Unions Weg in die Zweite Liga Harun Isa hat die Schweizer Alpen längst wieder hinter sich gelassen und ist zurück in Berlin. Von heute an muss er wieder seiner Arbeit nachgehen. Der 1. FC Union beginnt seine Vorbereitung auf die neue Saison. Das Programm von Trainer Georgi Wassilew ist recht komprimiert: Um 9 Uhr gibt es einen leichten Aufgalopp in der Wuhlheide, anschließend geht es mit dem Bus nach Trappenkamp in Schleswig-Holstein zu einem sechstägigen Konditions-Trainingslager. Danach kehrt die Mannschaft für einen Tag nach Berlin zurück, um sich dann vom 8. bis 21. Juli in Rothenburg an der Fulda auch spielerisch den Feinschliff anzueignen. Was all die Quälerei gebracht hat, kann Union schon mal am 22. Juli überprüfen, wenn im Olympiastadion das Testspiel gegen Hertha BSC ansteht. Am 30. Juli, einem Montag, beginnt dann der Ernstfall mit der ersten Zweitligapartie gegen Hannover 96 an der Alten Försterei.

Im Gegensatz zu vielen anderen Trainern hat Georgi Wassilew darauf verzichtet, seinen Spielern schriftlich fixierte Hausaufgaben mit in die Ferien zu geben. Bei Union entscheiden die Spieler noch eigenständig, ob sie im Urlaub am Meeresstrand selbst ein bisschen joggen oder den Joggern nur vom Liegestuhl aus zusehen. Oder ob sie - wie im Falle Harun Isa - konditionsfördernd in den Bergen herumkraxeln oder es, eventuell auch aus Sicherheitsgründen, lieber sein lassen. "Jeder weiß bei uns schon selbst Bescheid, wie er sich fit halten muss", erklärt Harun Isa voller Verständnis für die Großzügigkeit des Trainers. Aber er gibt für sich selbst auch zu: "Ich habe sicherlich zu wenig gemacht, dafür ein bisschen mehr gefaulenzt." Wer will ihm das verübeln? Der 1. FC Union hat schließlich eine Saison lang mit der Doppelbelastung Regionalliga und DFB-Pokal gelebt - und musste, um die Ziele Aufstieg und Pokalfinale zu verwirklichen, allzu oft die Leistungsgrenzen völlig ausreizen. Und Isa gehörte zu den beständigsten Kräften im Union-Aufgebot: Von den 36 Punktspielen hat er 33 mitgemacht, dabei auch noch 13 Tore erzielt.

Der trickreiche und enorm laufstarke Union-Stürmer freut sich durchaus darauf, dass jetzt das Ende des Müßigganges eingeläutet wird. Andererseits gibt er aber auch zu bedenken: "Es ist sehr warm draußen. Und dann musst du nur laufen, nur Kondition bolzen. Das ist verdammt anstrengend und macht nicht so viel Spaß." Isa wird sich da durchbeißen. Die Zweite Liga hat für ihn schließlich einen besonderen Reiz, gab es doch in seiner früheren Zeit bei Tennis Borussia den einen oder anderen Trainer, der ihm diese Spielklasse gar nicht so recht zugetraut hatte. Und denen will Isa nun gerne das Gegenteil beweisen.

Nach dem Abschied von Daniel Teixeira, den Union aufgrund der als zu hoch empfundenen Ablöseforderung des KFC Uerdingen nicht halten konnte, ist Harun Isa eigentlich für die Union-Offensive in der nächsten Saison eine "gesetzte" Größe. Er selbst will davon freilich nichts wissen. "Keiner darf sich bei uns sicher fühlen", meint er. "Auch ich muss kämpfen, zu hundert Prozent konzentriert sein, mich im Training voll reinhängen."

Trainer Wassilew wird solche Worte seines Stürmers mit Genugtuung vernehmen. Und dann gewiss auch verzeihen, wenn einer im Urlaub nicht gar so viel für die eigene Fitness getan hat.

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