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Sport: 1. FC Union - SC Verl: Wertvolle Haarwurzeln

André Rolle verlor ein wenig den Überblick. Der Mann hat als Stadionsprecher beim 1.

Von Karsten Doneck, dpa

André Rolle verlor ein wenig den Überblick. Der Mann hat als Stadionsprecher beim 1. FC Union die Pflicht, Tore und Torschützen anzusagen. Gestern waltete er bereits nach 23 Minuten erstmals dieses Amtes. "Das 1:0 erzielte Ronny Nikol mit einer direkt verwandelten Ecke", verkündete Rolle, um sich aber rund 120 Sekunden später zu korrigieren. Das 1:0 könne auch ein Kopfballtor von Jens Tschiedel gewesen sein, erzählte Rolle da per Mikrofon den 3573 Zahlenden im Stadion Alte Försterei. Und in der Halbzeit lieferte der Stadionsprecher dann endgültig die Aufklärung. Er hätte sich nunmehr genau erkundigt, ließ er das Publikum wissen, "Tschiedel war noch mit den Haarwurzeln dran am Ball". Rolles vorübergehende Verwirrung indes war verständlich. Im Strafraum des Union-Gegners SC Verl herrschten vor allem vor der Pause mitunter so heftige Turbulenzen, dass nicht nur den Gästespielern zeitweise der Überblick verlustig ging. Nachdem der 1. FC Union am Ende einen nie gefährdeten 3:0 (2:0)-Sieg über die Westfalen gelandet hatte und damit wieder an die Tabellenspitze in der Fußball-Regionalliga Nord geklettert war, gestand auch Verls Trainer Dieter Hecking kleinlaut ein: "Uns wurde von der ersten Minute an ein Klassenunterschied aufgezeigt."

Der Trainer lag mit dieser Ansicht goldrichtig. Nach Tschiedels 1:0 sorgten Harun Isa per Foulelfmeter (41.) sowie der eingewechselte Michael Zechner (77.) für den klaren Endstand. Und dabei konnte es sich Union durchaus leisten, in Anbetracht der schweren Aufgabe im DFB-Pokal am nächsten Dienstag gegen den Zweitligisten SSV Ulm nach der Pause auf den Schongang umzuschalten. Das Kommando über das Spielgeschehen behielten die Gastgeber trotzdem.

Manches ist im Fußball freilich auch eine Frage der Einstellung. "Alle meine Leute waren hundertprozentig engagiert, keiner hat den Gegner unterschätzt", lobte Unions Trainer Georgi Wassiliew die Haltung seiner Spieler. Der Kollege von der Gegenseite, Dieter Hecking, hingegen musste feststellen: "Meine Spieler haben wohl gedacht, es ginge hier gegen Lüneburg - und nicht gegen Union."

Vor der Pause schnürten die Gastgeber ihren Kontrahenten weitgehend in dessen Hälfte ein. Kampfeseifer und Spielwitz vereinten sich in dieser Phase zu ansehnlichem Powerfußball. Mal von rechts, mal von links flogen die Flanken in den Strafraum der Gäste, und wenn sich Räume auftaten, wurde auch mal der risikoreiche Steilpass für die Abteilung Attacke gewählt. Der SC Verl kam unter dem Dauerdruck kaum vom Luftholen, die wenigen Entlastungsangriffe der Gäste stoppten die Unioner meist schon im Bereich der Mittellinie. Allein in der ersten halben Stunde holte Union ein Eckenverhältnis von 11:0 heraus - und, weitaus wichtiger, auch noch zwei Tore. "Das 0:2 zur Pause schmeichelte uns eher", gab Dieter Hecking zu. Verl drang lediglich zweimal halbwegs gefährlich in den Strafraum des 1. FC Union ein. Verls Stürmer Joan Perdei, der auf dem vom Regen aufgeweichten Platz bei den in weißen Hemden angetretenen Gästen das mit weitem Abstand schmutzigste Trikot in die Kabine trug, vergab dabei die beste Gelegenheit, als er Schlussmann Sven Beuckert schon ausgespielt hatte, dann aber, zu weit nach außen gedrängt, dem Ball nicht mehr den entscheidenden Dreh Richtung Tor geben konnte.

Verls Trainer Dieter Hecking litt freilich auch unter einem kleinen Informationsdefizit. Er hatte den 1. FC Union in dieser Saison zwar schon ein paar Mal beobachtet, aber halt ausschließlich in Auswärtsspielen. "Da haben die noch nicht ihr wahres Gesicht gezeigt", urteilte Hecking nach den Eindrücken, die er jetzt in der Wuhlheide gewann.

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