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Sport: 100-Meter-Freistil: Held der Langsamkeit

Als Eric Moussambani am Donnerstagmorgen die riesige Mensa im Athletendorf an der Homebush Bay betrat, brandete plötzlich Applaus bei jenen olympischen Mitstreitern auf, die ihn wiedererkannten, den Held der Langsamkeit. Einmal enttarnt, drehten sich ganze Hundertschaften Sportler nach ihm um, reckten den Daumen in die Höhe oder formten Victory-Zeichen mit ihren Händen.

Als Eric Moussambani am Donnerstagmorgen die riesige Mensa im Athletendorf an der Homebush Bay betrat, brandete plötzlich Applaus bei jenen olympischen Mitstreitern auf, die ihn wiedererkannten, den Held der Langsamkeit. Einmal enttarnt, drehten sich ganze Hundertschaften Sportler nach ihm um, reckten den Daumen in die Höhe oder formten Victory-Zeichen mit ihren Händen. Zu Tränen gerührt, stellte sich Moussambani in die Warteschlange für Kaffee, Cornflakes, Toasts und Obst an, doch der junge Afrikaner konnte sich kaum den Frühstücksmix aufs Tablett laden: "Alle wollten mir die Hände schütteln", sagt Moussambani, "alle klopften mir auf die Schultern und sagten: guter Job."

Seit der 22-jährige Student aus Äquatorial-Guinea in einem denkwürdigen Vorlauf über 100-Meter-Freistil ganz allein seine beiden Bahnen zog und mit letzter Kraft nach 112 Sekunden am Ziel anschlug, ist er zur Berühmtheit in der Sportlerfamilie von Sydney geworden. In Anlehnung an "Eddy the Eagle", einen dilettierenden Skispringer, der einst die Winterwelt verzückte, wird Mossambani in Sydney schon "Eric the Eel", genannt, Eric der Aal. "Ich schreibe den ganzen Tag Autogramme. Wenn ich von Olympia-Fans erkannt werde, dann umarmen und küssen sie mich", sagt Moussambani, der von Fernsehteams aus aller Welt auf Schritt und Tritt beobachtet wird.

48 Stunden nach seinem Ausflug in den Olympia-Pool absolvierte Moussambani wie selbstverständlich auch die harte Medien-Tour durch die endlosen Weiten des des Fernsehzentrums der 27. Sommerspiele. Von Englands BBC zu Italiens RAI, von Amerikas NBC zu Japans NHK führte Moussambanis Trip nur in der ersten Stunde. Öffentlichkeitsarbeit, die er nicht als lästige Pflicht empfand, sondern als "Riesenspaß. Es ist ein großes Abenteuer, und ich genieße es."

Am Mittwoch hatte der PR-Rummel schon eingesetzt, als Schwimmausrüster Speedo und Sportartikel-Hersteller Rebel dem Mann aus Äquatorial-Guinea vor einem einbestellten Medien-Großaufgebot neue Bekleidung schenkten. Mit einem der berühmten Haifisch-Anzüge sprang Moussambani noch einmal ins Wasser, zog zwei deutlich schnellere Runden durch den Pool und zeigte sich anschließend sicher, "dass ich in vier Jahren in Athen 30 bis 40 Sekunden schneller unterwegs sein werde". Speedo plant angeblich schon eine Werbekampagne mit Moussambani, als strahlende Symbolfigur für den olympischen Geist.

Moussambani will seine plötzliche Popularität gezielt nutzen, um daheim die Infrastruktur zu verbessern. "Natürlich gibt es viel wichtigere Aufgaben", sagt der Student, "wir haben kein ordentliches Gesundheitssystem, wir haben viele Leute, die an Hunger leiden. Aber der Sport gibt Menschen ein Ziel, eine Vision." Bisher nutzte Moussambani in seiner Heimatstadt Molabi einen 20-Meter-Pool in einem der wenigen Touristenhotels, nun hofft er, auf seinem langen Weg zu den nächsten Spielen auch einmal ein größeres Becken benutzen zu können.

Als Alibifaktor in einem olympischen Umfeld totaler Kommerzialisierung und Leistungsmaximierung um jeden Preis fühlt Moussambani sich nicht: "Ich gehe meinen eigenen Weg. Und mich wird auch niemand ausnutzen", sagt Moussambani, der es schlimm findet, "seinen Körper für ein paar Sekunden oder Meter zu ruinieren." Lieber schwimmt er seine 112 Sekunden im Pool.

Die ersten Einnahmen auf dem Konto von Moussambani und seiner Olympia-Mannschaft werden schon bald nach den Spielen eingehen. Das Online-Auktionshaus Ebay wird den Original-Schwimmanzug des Studenten versteigern.

Jörg Allmeroth

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