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Ungefähr 17.100 Ergebnisse (in 0,17 Sekunden) bei der Google-Suche: Aachens Günter Delzepich (r.), hier mit Eugen Hach.

© Imago

11Freunde freitags: Steilpass-Kolumne: Googeln oder schweigen

Unser Autor weiß alles über Fußball. Aber nur bis zum Jahr 2000. Denn dann kam Google in sein Leben, und seitdem googelt er alles. War früher alles besser?

Ich googele, was ich nicht weiß („Reus“ „Vertrag“). Ich googele, was ich gar nicht wissen muss („Gibraltar“ „Rekordspieler“). Manchmal googele ich auch, was ich eigentlich nicht wissen will („Mesut Özil“ „Freundin“). Und ich googele sogar, was ich weiß („HSV“ „Trainer“). Es könnte ja falsch sein. Kurzum: Ich googele alles.

Seit Google in mein Leben getreten ist – es muss im Jahr 2000 gewesen sein –, liegt auch mein Fußballgedächtnis auf einem Server. Wenn ich keinen Zugang zum Internet habe, kann ich nicht fachsimpeln.

Es sei denn, es geht um die Zeit vor 2000. Darüber weiß ich hingegen alles. Klaus Toppmöller: 108 Tore für den 1. FC Kaiserslautern! Horst Hrubesch: 188 cm! Günter Delzepich: 100 kg! Das habe ich nicht gegoogelt, bitte glauben Sie mir, und es stimmt trotzdem – unauslöschbar eingebrannt in mein Gehirn durch hundertfache Lektüre von Bundesliga-Sonderheften, die, lückenlos seit der Saison 1977/78, in einem Bananenkarton unter meinem Bett lagen, wieder und wieder gewälzt im Schein der Taschenlampe. Aus einem Hanuta-Sammelalbum zur WM 1986, das irgendwie dazwischengerutscht war, kenne ich sogar noch Lothar Matthäus’ Leibgericht: „Hasenbraten und Knödel und Spinat.“

Wissen, mit dem ich heutzutage nur noch am Bundesligatraditionsstammtisch reüssieren kann. In Gesprächen, die um aktuelle Transfers, die EM-Qualifikation, den Beziehungsstatus der Topstars oder den gegenwärtigen Trainer des HSV kreisen, muss ich mir entweder unterm Tisch Basiskenntnisse ergoogeln oder schweigen. Ich schweige immer öfter. Und denke still an früher, an Toppmöller, Hrubesch, Delzepich, Hasenbraten, Knödel und Spinat. Dass RB Leipzig in der 2. Bundesliga spielt, weiß ich zum Beispiel gar nicht. War früher alles besser? Ich möchte mich da nicht festlegen. Ich bin schließlich zur Nostalgie verdammt.

Ist das etwa gefährlich für meine Fanseele? Muss ich mal googeln.

Dirk Gieselmann schreibt an dieser Stelle über Fans, Lars Spannagel schreibt über den deutschen Fußball und Dominik Bardow beschäftigt sich mit dem Ausland.

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