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Sport: 15 zu 6

Die Mehrheit der Union-Profis akzeptiert Gehaltskürzungen, der Rest erhält neue Bedenkzeit

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Youssef El Akchaoui umkurvte als Erster die wartenden Reporter. „Ich muss weg, ’tschuldigung“, sprach er in die Mikrofone und weg war er. Auch Sven Beuckert gab sich höflich und wenig mitteilsam. „Ich muss in den Winterurlaub, frohes Fest und guten Rutsch“, sagte Beuckert und verschwand. Bei derart geringer Auskunftsbereitschaft wollte auch Michael Molata nicht als großer Redner dastehen. „Ich sage nichts dazu“, sagte Molata und eilte von dannen.

Ihre individuelle Entscheidung bekannt zu geben, sie vielleicht sogar noch zu begründen, dazu verspürten die Fußballprofis des 1. FC Union wenig Lust. Nichts wie weg, das war ihre Devise. Zuvor hatten die Spieler gestern Mittag auf der Geschäftsstelle ihres Vereins in der Hämmerlingstraße darüber zu entscheiden, ob sie die ihnen vorliegenden Ergänzungsverträge unterschreiben oder nicht. Es ging um 20 Prozent Gehaltsverzicht bis zum Saisonende mit der Zusicherung, dass das zur Abwendung einer Insolvenz einbehaltene Geld bis auf einen Rest von fünf Prozent später nachgezahlt wird. Diesen Kompromiss hatte Unions Präsidium mit der Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV) ausgehandelt. Die Mannschaft reagierte auf das Angebot nicht so gespalten, wie zunächst vom Verein befürchtet: Immerhin 15 Spieler stimmten dem Vorschlag zu.

Sechs Profis lehnten das Angebot ab. Allerdings noch nicht endgültig. „Sie haben sich Bedenkzeit erbeten, die meisten wollen noch Detailfragen mit ihren Beratern klären“, sagt Lars Töffling, Unions Pressesprecher. Um welche Spieler es sich dabei handelt, darüber schweigt man bei Union. „Wir müssen diese Spieler schützen, nicht dass sie von den Fans nachher wie Freiwild behandelt werden“, sagt Töffling. Unions Anhang hatte im Internet schon mächtig Stimmung gemacht gegen Kapitän Steffen Menze, nachdem der am Sonntag im Deutschen Sport-Fernsehen eine eher ablehnende Haltung zu den Vorschlägen des Vereins eingenommen hatte. „Abzocker“ war noch eines der freundlicheren Worte, die da in diesem Zusammenhang fielen. Im übrigen: Menze hat den Ergänzungsvertrag unterschrieben.

Zu denen, die die neuen Tarifbedingungen beim 1. FC Union noch nicht akzeptiert haben, gehören offenbar Kostadin Widolow, Ronny Nikol und Robert Wulnikowski. Die Komplikationen bei diesen drei Spielern rühren in einem hohen Maße daher, dass sie zugleich über die Verlängerung ihrer Verträge über das Saisonende hinaus zu veränderten Konditionen nachzudenken haben. Mit Widolow wurde gestern noch bis in die späten Abendstunden hinein verhandelt, ohne konkretes Ergebnis. Der 1. FC Union hofft, bis spätestens Mittwoch endgültig Klarheit darüber zu haben, wie sich der Kader im neuen Jahr zusammensetzt. Es sollte nicht verwundern, wenn sich am Ende die Veränderungen im Kader des 1. FC Union in dem in der Winterpause üblichen Rahmen bewegen.

Einzeln, hübsch der Reihe nach, im Zehn-Minuten-Takt und in alphabetischer Reihenfolge empfing Vizepräsident Bernd Hofmann gestern die Spieler in seinem Arbeitszimmer in der Geschäftsstelle. Angelangt beim Buchstaben „F“ – wie Fiel, Cristian – entstand der erste Stau. Mittelfeldspieler Fiel sowie der ihm nachfolgende Stürmer Salif Keita mussten eine Wartezeit in Kauf nehmen, ehe sie zu Hofmann vorgelassen wurden. Stürmer Steffen Baumgart gehörte zu den Spielern, die die neuen Bedingungen akzeptiert haben – und auch darüber redeten. „Der Kompromiss war gut vorbereitet worden von der VdV. Und ich habe mich ja für diesen Kompromiss stark gemacht, also fiel es mir auch leichter als manchem anderen, das zu unterschreiben“, sagt er. Groll über die Situation empfindet er nicht. „Wenn ich einen Kompromiss eingehe, dann gehe ich ihn voll und ganz ein, ohne Bauchschmerzen.“

Heiner Bertram, der Präsident, war gestern übrigens nicht dabei. Er weilte bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Gelsenkirchen. Mitten in der Sitzung dort erhielt er telefonisch den Abstimmungsbescheid aus Berlin. Bertram soll, so wird erzählt, mit dem Ergebnis nicht unzufrieden gewesen sein.

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