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18. Spieltag: Wem die Leidenschaft fehlt

Der Hamburger SV lebt mit hohen Ansprüchen, kommt aber zum Rückrundenauftakt nicht in Fahrt.

Von Karsten Doneck, dpa

Die Aussprache war nur kurz. Und da gegenseitige Schuldzuweisungen geflissentlich vermieden wurden, kam bei der Unterredung nur eines heraus: Einvernehmlichkeit. „Wir sind uns einig, dass wir in dieser Saison nicht noch einmal eine derart schlechte Halbzeit spielen werden“, berichtete Vincent Kompany, Abwehrspieler des Hamburger SV, vom mannschaftsinternen Konsens. Ein hehres Versprechen. Beim 1:1 gegen Hannover 96 zum Rückrundenauftakt hatte die HSV- Elf in der ersten Halbzeit so gespielt, als wollte sie den Vereinschef Bernd Hoffmann Lügen strafen. „Unser Anspruch ist es, einen Titel zu gewinnen. Die Chance ist in dieser Saison so groß wie seit 20 Jahren nicht mehr“, hatte Hoffmann noch auf der Mitgliederversammlung eine Woche zuvor verlauten lassen.

Doch entsetzt verfolgte das Hamburger Publikum, wie der HSV gegen Hannover zunächst überhaupt keinen Fluss in die Aktionen bekam. „Ohne Leidenschaft“ habe seine Mannschaft begonnen, schimpfte Trainer Huub Stevens. Und Spielmacher Rafael van der Vaart wunderte sich: „Es kann ja wohl nicht unser Anspruch sein, in der ersten Halbzeit nur eine einzige Torchance herauszuspielen.“ Wenigstens nach der Pause, aufgescheucht durch klare Worte von Stevens in der Kabine, fand die Mannschaft den Weg aus ihrer Passivität und ließ wenigstens ansatzweise erkennen, was sie stark gemacht hat.

Der HSV will große Aufgaben anpacken, aber schon bei der Lösung der kleineren bekommt er Probleme. Die Mannschaft ist in der Bundesliga vorne dabei, sie steht im DFB-Pokal im Viertelfinale und hat in der K.-o.-Runde im Uefa-Pokal mit dem FC Zürich eine lösbare Aufgabe. Eine komfortable Situation. Aber der Klub läuft Gefahr, sich in einem derart umfangreichen Programm zu verzetteln. So gefestigt ist die Mannschaft, die noch vor zwölf Monaten als Tabellenletzter am Rande der Bundesliga taumelte, nicht. Sie bleibt ein höchst fragiles Gebilde, anfällig selbst bei kleineren Beben, wie es von Hannover 96 mit dem beherzt-angriffslustigen Auftritt vor der Pause ausgelöst wurde.

„Uns ist es erst spät gelungen, den Kampf anzunehmen“, erkannte Vincent Kompany. „Wir sind nicht wie eine echte Heimmannschaft aufgetreten“, ergänzte Torwart Frank Rost. In der Vorbereitung auf die Rückrunde hatte der HSV alle Probespiele gewonnen, meist mühelos wie gegen Chinas Nationalelf (4:0). Den Hebel umzulegen, von einer gelungenen Testserie auf den Bundesliga-Ernst, fiel der Mannschaft gegen Hannover 96 aber außerordentlich schwer.

Der HSV hat jetzt eine Woche Zeit für Korrekturen an der Einstellung seiner Profis. Dann geht es im Spitzenspiel bei Bayer Leverkusen um die Rückeroberung von Tabellenplatz drei. Huub Stevens mahnt: „Von einer Mannschaft, die in dieser Saison noch etwas erreichen will, erwarte ich einfach mehr Einsatz.“

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