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Beschwichtiger. Hep Monatzeder ist neuer Präsident bei 1860 München.

© dpa

1860 München: Ein Mann für den heißen Draht nach Abu Dhabi

Nach monatelangen Querelen hat 1860 München einen neuen Präsidenten. Der Grünen-Politiker Hep Monatzeder soll bei Herthas Gegner im Streit mit dem Investor Hasan Ismaik vermitteln.

Der TSV 1860 München spielt bislang eine ansehnliche Rückrunde. Vier Punkte beträgt der Abstand zum Relegationsplatz, mit einem Sieg am Samstag gegen Hertha könnten die Münchner doch noch vom Aufstieg reden. Trotzdem geht es derzeit nur am Rande ums Sportliche – wieder einmal. Stattdessen geht es einmal mehr um die Ausrichtung des Vereins. Präsident Dieter Schneider gab vergangene Woche bekannt, für keine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Als seinen Nachfolger präsentierte Aufsichtsratschef Otto Steiner nun Hep Monatzeder. Der Grünen-Politiker ist Münchens dritter Bürgermeister und schon lange im Aufsichtsrat des Vereins. Um sein neues Amt ist er nicht zu beneiden.

1860 steckt seit dem Abstieg aus der ersten Liga vor neun Jahren im Dauer-Chaos. Nachdem etliche Führungsriegen vergeblich versucht hatten, den verschuldeten Verein auf gesunde Füße zu stellen, übernahm Schneider vor zwei Jahren das Amt des Präsidenten. Weil der Verein aus eigener Kraft aber nicht vor der Insolvenz zu retten war, holte man wenig später mit Hasan Ismaik den ersten arabischen Investor im deutschen Profifußball mit ins Boot.

Die Reibereien zwischen dem Investor und dem Präsidenten ließen nicht lange auf sich warten. Schneider stand für eine konservative Finanzpolitik, Ismaik fühlte sich dadurch in seinem Tatendrang gebremst und zudem vom Verein zu wenig eingebunden. Die Situation eskalierte zum Jahreswechsel. Der Verein trennte sich von Trainer Rainer Maurer und installierte stattdessen U-23-Coach Alexander Schmidt. Der Investor wünschte sich dagegen einen Mann von Weltrang und präsentierte den ehemaligen englischen Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson als Gegenvorschlag. Doch der winkte ab. Ismaik gab Schneider die Schuld, forderte dessen Rücktritt und drohte, den Geldhahn zuzudrehen. „Wir müssen aufpassen, dass wir am Ende nicht alle als Verlierer dastehen“, sagte Schneider nach einem erfolglosen Krisengipfel im Januar. Am Ende stand er als erster Verlierer fest. Der Aufsichtsrat entzog dem Präsidenten nach und nach das Vertrauen. Ende Februar reiste eine Delegation um Steiner zu Ismaik nach Abu Dhabi. Sie hatten Nymphenburger Porzellan, einen bayerischen Löwen und Spielzeug für Ismaiks Töchter mit dabei, nicht aber den Präsidenten. Im März sollte der Aufsichtsrat den Präsidentschafts-Kandidaten für die kommende Amtszeit benennen, doch man schob die Entscheidung immer wieder auf. Schneider entschloss sich, „das unwürdige Schauspiel“ zu beenden und trat zurück.

Ab April soll es Monatzeder richten. Er wird das Verhältnis zu Ismaik kitten und dafür sorgen müssen, dass sich der Investor eingebunden fühlt. Gleichzeitig muss er verhindern, dass die Einflussnahme den von der DFL erlaubten Rahmen überschreitet und sich der Verein in neue Schulden drängen lässt. Vor wenigen Tagen reiste Monatzeder erneut nach Abu Dhabi - um die künftige Zusammenarbeit abzuklopfen. „Mir ist die Zusammenarbeit mit dem Investor wichtig, aber ich bin nicht hingefahren, um mir Befehle abzuholen“, beteuert er. Er habe nicht nur die Interessen eines Investors, sondern aller Mitglieder zu vertreten. Und die wird Monatzeder zu aller erst für sich gewinnen müssen. Noch muss er offiziell bestätigt werden. Politikern stehen die Anhänger traditionell skeptisch gegenüber. Schneider genoss bei den Fanklubs großen Rückhalt. Nicht zuletzt, weil er sich gegen Risikogeschäfte sperrte, wie sie den TSV erst in solche Abhängigkeiten gebracht hatten.

Fabian Herrmann

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