zum Hauptinhalt
Baaan

© dpa

2:5 gegen Bremen: Bayern-Debakel in fünf Akten

Mit einer Blamage historischen Ausmaßes verliert der FC Bayern München zu Hause gegen Werder Bremen 2:5.

Jürgen Klinsmann hatte die Finger ineinander verschränkt, wie zum Gebet. Doch ihm stand nicht der Sinn nach Beistand von höchster Instanz, als er unten am Rand seiner Coachingzone stand. Er war schlicht ratlos, sauer, verzweifelt und wusste nicht, wohin mit seinen Händen. Also schüttelte er sie ein wenig hin und her, dann wendete er sich ab. Soeben hatte der Trainer ansehen müssen, wie seine Mannschaft, die den stolzen FC Bayern repräsentiert, das 0:4 gegen Werder Bremen kassiert hatte. In einem Heimspiel. Am Tag der Wiesn-Eröffnung. Eine Blamage von bundesliga-historischem Ausmaß hatte ihren Lauf genommen. Am Ende stand es 5:2 (2:0) für die Gäste. Die Bremer, die nach der 0:0-Pleite in der Champions League gegen Famagusta in der Krise schienen, sind nun punktgleich mit dem deutschen Rekordmeister. „Am Dienstag waren wir noch sehr betrübt. Aber heute hat man gesehen, dass wir eine gute Mannschaft haben“, sagte Werders Manager Klaus Allofs. „Wir müssen es nur auch öfter zeigen.“

Von den vier Spielern beider Mannschaften, die schon sowohl für die Bayern als auch für Bremen gespielt haben, lief beim Anpfiff nur einer auf: Claudio Pizarro. Verletzt fehlten Bremens Torsten Frings und Bayerns Miroslav Klose – für ihn durfte sich diesmal Lukas Podolski von Anfang an versuchen. Tim Borowski hatte einmal mehr nicht den Sprung in die Startelf der Bayern geschafft.

Pizarro wie besessen

Eine kurze Drangphase der Bayern endete mit dem ersten Konter der Bremer in der 18. Minute. An dessen Ende schüttelte Pizarro Bayerns Abwehrchef Martin Demichelis im Strafraum ab. Der Peruaner lupfte den Ball aus spitzem Winkel über Torwart Michael Rensing hinweg, aber an den Pfosten. Er hätte auch einen simplen Rückpass auf den freistehenden Markus Rosenberg spielen können. Aber Pizarro war wohl besessen von der Idee, seinen ehemaligen Verein zu ärgern. Zwölf Minuten später übernahmen seine Kollegen diesen Job. Mesut Özil erspähte eine Nahtstelle in der Dreierkette der Bayern und spielte einen Pass genau hinein. Markus Rosenberg war in diese Lücke gestoßen und schob den Ball an Rensing vorbei flach ins lange Eck zum 1:0.

Die Bayern reagierten ratlos auf den Rückstand. Ihnen fiel nicht viel anderes ein, als hohe Bälle auf den Kopf von Luca Toni zu schlagen, dem an diesem Tag aber jede Treffsicherheit abging. Und dann passierte, was selbst wohlmeinende Beobachter der Bremer nicht für möglich gehalten hätten: das 2:0 für die Gäste. Özil zirkelte den Ball aus halbrechter Position scharf in den Strafraum. Rensing wehrte nach vorn ab, direkt vor die Füße von Naldo, der abstaubte. Für Bayerns Kapitän Mark van Bommel war das die Schlüsselszene des Spiels: „Wenn man in der ersten Halbzeit schon zwei Tore bekommt, musst du nach der Pause die Räume so weit öffnen, dass du schnell auch das dritte, vierte und fünfte Tor bekommst.“

Klinsmanns Notoperation

Doch zunächst versuchte Jürgen Klinsmann, mit einer Notoperation den Patienten FC Bayern zu retten. Er wechselte Lell und van Buyten aus und brachte Massimo Oddo sowie Tim Borowski. Alle Debatten über diese Umbesetzungen waren schnell hinfällig, dank eines Geniestreichs von Mesut Özil. Zehn Minuten nach dem Wechsel kam der 19-Jährige am linken Strafraumeck an den Ball. Den Zweikampf mit Oddo umging er, indem er den Ball einfach direkt hoch aufs kurze Eck zog – und traf. Fünf Minuten später schaffte auch Pizarro sein Tor. Im Strafraum mit dem Rücken zum Tor angespielt, drehte er sich schnell und spitzelte den Ball an Rensing vorbei zum 4:0. Die Demütigung der Gastgeber war perfekt, aber noch nicht zu Ende.

Nach etwas mehr als einer Stunde sprang Rensing unter einer Flanke hindurch – dahinter stand Rosenberg und staubte ab. „Wenn man 5:0 führt, muss man ab und zu zur Anzeigentafel hochschauen, damit man das glaubt“, sagte Bremens Kapitän Frank Baumann später. Die zwei Treffer zum 1:5 und zum 2:5 waren nichts als eine kleine Pointe am Rande. Der Doppel-Torschütze war nämlich Tim Borowski, der bis zum Sommer zwölf Jahre für Bremen gespielt hatte. „Es hat sich heute bewahrheitet, dass ein angeschossener Löwe gefährlich ist“, lautete sein Fazit. „Wir müssen uns jede Kritik gefallen lassen. Es werden jetzt sicher keine angenehmen Tage in München.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false