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Sport: 27. Berlin-Marathon: Horst Preisler feiert in Berlin ein ungewöhnliches Jubiläum

Nummer 977: Bekovice, Tschechien, 1. Juli.

Nummer 977: Bekovice, Tschechien, 1. Juli. Nummer 989: Tampere, Finnland, 23. Juli. Bei den Zwischenstationen Pihtipudas, Jyväskulä und Outokumpu auf Horst Preislers "Lauf-Bilanz" kämpft man mit finnischen Zungenbrechern, beim Blick auf die Länge der einzelnen Strecken gerät man ins Stocken: Hier ist irgend etwas durcheinandergeraten. Sieben Läufe über 50 Kilometer, sechs über die Marathondistanz. Auch bei den Jahresangaben muss sich ein Fehler eingeschlichen haben. 13 Mal "2000", unmöglich.

Aber Horst Preisler, der 65-jährige Hamburger, hat sich nicht vertippt. Er hat in 22 Tagen tatsächlich 13 Marathon- und Ultraläufe absolviert. Angetrieben hat ihn der Gedanke an Berlin, wo er zum 1000. Mal eine Strecke bewältigen will, die mindestens Marathon-Länge hat. "Berlin liegt mir am Herzen. Das ist eine große Veranstaltung, ein Fest unter Freunden", erzählt er. Um nicht im Herbst in Bräunlingen oder Humfeld sein Jubiläum zu laufen, konnte er seit Jahresbeginn, wo er bei Nummer 931 angelangt war, kein Wochenende auslassen. Und rannte eben am Sonnabend in Apeldoorn und am Sonntag in Hamburg.

"Körperlich spricht nichts gegen eine solche Belastung", sagt der pensionierte Personalchef eines Krankenhauses, "die ersten fünf Kilometer sind für die Gesundheit, die restlichen 37 sind Sport." Entscheidend ist die Psyche. Und die ist gestählt von mehreren Erdumrundungen zu Fuß, die er auch durch 76 100-Kilometer-Läufe erreicht hat. Den ersten Lauf im September 1974 in Unna machte Preisler, weil seine Frau ihm vorwarf, er habe "zuviel faules Fleisch zwischen den Hüften". Ganz unbedarft ging er an den Start. "Das war gleich ein 100-Kilometer-Lauf. Ich kam aus der Wanderbewegung und dachte, fünf Kilometer pro Stunde, 24 Stunden habe ich Zeit, das klappt." Nach 15:48 Stunden kam er ins Ziel. Seither läuft er und läuft und läuft.

Achtmal ist Horst Preisler, der akribisch Buch führt über Strecken und Zeiten, unter drei Stunden geblieben, seine Bestzeit liegt bei 2:54:39 Stunden. Zu über 740 Marathons ist er angetreten - und hat nie aufgegeben. Auch nicht, als er sich den Arm brach, fünf Kilometer nach dem Start. "Da muss man die richtige Haltung finden und den Arm an den Körper drücken", erklärt Preisler lapidar. Bei längeren Läufen ist er ein paar Mal ausgestiegen. Beim Friedenslauf von Hiroshima nach Nagasaki "konnte ich wegen Darmkrämpfen nicht mehr gehen." Nach 350 Kilometern gab er auf.

In 30 Ländern hat Preisler Läufe gesammelt, zwischen Malta und Südafrika. Beim 500. Lauf vor sechs Jahren war er in der Arktis. Damit die Arbeiter einer Erzmine in Kanada ein bisschen Abwechslung hatten, wurden die Sportler zum Doppelmarathon in die Einsamkeit geflogen. Oder der Sparthalon, die 245 Kilometer von Athen nach Sparta. "Ohne Baum und Strauch läuft man bei brütender Hitze eine Autostraße lang, ständig hupt jemand, und im Ziel drückt einem eine junge Dame den Lorbeerkranz aufs Haupt", erzählt Preisler beeindruckt. In La Rochelle ist er sechs Tage in einer Halle im Kreis gelaufen, 661 Kilometer auf Beton. Im Emmenthal startete er im Tal bei strömendem Regen, rutschte bei Neuschnee auf einen 1400 Meter hohen Berg herum und sah im Ziel aus "wie ein Schwein".

Aber Preisler war längst noch nicht überall. Zu den 15 "Traumläufen", die ihm noch fehlen, gehören die Marathons in Havanna, Carthago und auf der Chinesischen Mauer, zu 100 "interessanten Läufen" der Forchheim Marathon und die sechs Stunden von Nürnberg.

Am 13. September, drei Tage nach Berlin, beginnt zum 10. Jahrestag der Deutschen Einheit der Lauf entlang der ehemaligen Grenze zwischen Bundesrepublik und DDR. Natürlich ist Horst Preisler dabei. Streckenlänge: 740 Kilometer.

Helen Ruwald

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