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Bestens gewappnet für die WM im nächsten Jahr. Brasilien beendet die Generalprobe Confed-Cup mit einem klaren Signal an die Konkurrenz

© AFP

3:0 im Confed-Cup-Finale gegen Spanien: Der Champion Brasilien ist zurück

Es war eine Machtdemonstration, eine Kampfansage an den Rest der Welt: Brasilien holt sich mit einem deutlichen Sieg über den amtierenden Welt- und Europameister den Confed-Cup - und das in einem Stil, der teilweise so gar nicht zum Samba-Klischee passt.

Sie haben getanzt und gefeiert und gesiegt in dieser Nacht von Maracana. Aber am schönsten war der Gesang. 75.000 Brasilianer intonierten die Nationalhymne, und als die Musik vom Band zu Ende war, haben sie einfach weiter gesungen, noch eine Strophe, so laut, dass es auch Demonstranten vor dem Stadion und vielleicht sogar in der Innenstadt hörten. Draußen wurde demonstriert, und drinnen feierte Brasilien eine Party, wie es sie lange nicht gegeben hat bei Fußballspielen in diesem fußballverrückten Land. Als alles entschieden war und die Menge noch einmal ihre Stimme erhob, da zitterte sogar der sonst so beherrschte Luiz Felipe Scolari vor Erregung. „Das war einmalig“, erzählte der Trainer der Seleçao brasileira und repetierte gleich drei-, viermal den Vers des Volkes, der ihn so angerührt hatte: „O campeao voltou! O campeao voltou!“

Der Champion ist zurück! Und wie! Seit Jahre haben die Brasilianer nicht mehr so schön und klug gespielt wie am Sonntag. Und so erfolgreich: 3:0 (2:0) im Finale des Confed-Cups gegen den Welt- und Europameister Spanien. Es war eine Machtdemonstration, eine Kampfansage an den Rest der Welt: Kommt ruhig her zur Weltmeisterschaft im nächsten Jahr! Wir sind bereit! „Brasilien wird wieder Respekt entgegengebracht“, sprach Scolari. „Wir haben unser Land würdig vertreten. Ein schöneres Gefühl kann es für einen Trainer gar nicht geben.“

Nun ist eine Weltmeisterschaft etwas anderes als ein Confed-Cup. Aber 0:3 verliert ein Weltmeister nicht gern. Es war ja auch nicht so, dass die Spanier das Spiel lustlos und mit der zweiten Besetzung weggeschenkt hatten. Trainer Vicente del Bosque hatte aufgeboten, was ihm zur Verfügung steht: Xavi, Iniesta, Torres, Ramos, Piqué und so weiter. Alle waren sie am Sonntag nicht gut genug gegen eine brasilianische Mannschaft, die nach ihrer eher bescheidenen Leistung beim glücklichen Halbfinalsieg über Uruguay im besten Augenblick ihren besten Fußball spielte. Eine neue Generation spielte da vor. Oscar, Fred oder Paulinho, angeführt vom überragenden Solisten Neymar, selbstverständlich gewann der die Wahlen zum besten Spieler des Finales und des gesamten Turniers.

Für Neymar war das Finale eine Begegnung der besonderen Art, nämlich mit seinen künftigen Kollegen vom FC Barcelona. Artig lobte er die Spanier als großartiges Team und natürlich empfinde er größten Respekt vor ihnen, vor Gerard Piqué oder Andreas Iniesta oder Xavi Hernandez. „Aber heute habe ich für Brasilien gespielt, für meine Heimat, für meine Familie. Da kämpfe ich mit allem, was ich habe.“ Für die Spanier war es am Sonntag ein bisschen zu viel.

Natürlich hatte Brasilien auch ein bisschen Glück. Zum Beispiel beim frühen Führungstor, Fred erzielte es nach nicht einmal zwei Minuten, auf denkbar kuriose Weise. Nach Hulks Flanke sprang der Ball Neymar auf den Fuß, und weiter vor das Tor. Die Spanier Piqué und Arbeloa schauten zu, wie ihr Torhüter Casillas und Fred strauchelten, der Ball prallte an Arbeloas Hand, bevor ihn Fred im Fallen ins Tor schlug.

Richtige Mischung aus seriösen Spielern und Individualisten

Der Stürmer Fred steht für einen brasilianischen Stil, der so gar nicht zum Samba-Klischee passt. Fred zaubert nicht, er arbeitet, in der Luft wie am Boden, er ist mehr Athlet denn Ästhet und seine Tore erzielt er so unspektakulär und selbstverständlich wie früher Gerd Müller. Es ist die Balance aus seriösen Spielern wie Fred und Individualisten wie Neymar, die das neue Brasilien so gut und erfolgreich macht.

So ein früher Rückstand wie am Sonntag behagt den Spanier schon mal deshalb nicht, weil sie so etwas selten erleben. Ihr Spiel basiert auf endlosen Ballstafetten, und ihre Gegner machen entweder den Fehler, dass sie sich einigeln oder dass sie mitspielen wollen. Die Brasilianer wählten eine Variante dazwischen. Mit recht tief stehender Viererkette, vor der Bayern Münchens Luiz Gustavo intelligent und laufintensiv das Mittelfeld organisierte. Geradezu perfekt funktionierte das Umschaltspiel, vor allem über Oscar, der immer wieder Fred und Neymar in Szene setzte. Besonders schön war das beim zweiten Tor zu sehen, nach einer großartigen Passfolge, an deren Anfang Oscar stand und am Ende Neymars Gewaltschuss hoch unter die Latte des spanischen Tores.

Schönes Tor, befand auch Trainer Scolari, aber wie es sich für den Anführer des neuen Brasiliens gehört, hatte er die spielentscheidende Szene ganz woanders verortet. In der Rückwärtsbewegung, bei der sensationellen Grätsche, mit der Innenverteidiger David Luiz kurz vor Neymars 2:0 ein so gut wie sicheres Tor des Spaniers Juan Mata verhindert hatte. Das war kurz vor der Pause und zeitigte einen Lärm, der das ansonsten eher durchschnittlich geratene Maracana auch nach dem Umbau zu einem ganz besonderen Ort macht.

Und doch konnte der Jubel nicht das Rattern der Helikopter übertönen, vor dem Stadion und in der Stadtmitte, wo am Sonntag wieder für ein neues Brasilien auch jenseits des Fußballs demonstriert wurde. Fragen dazu beantworten sie in der Nationalmannschaft nicht mehr so gern wie noch vor einer Woche. „Wir haben für unser Land und unsere Landsleute gespielt. Was da draußen los ist, weiß ich nichts“, sagte Neymar, und sein Trainer Scolari fuhr einen englischen Reporter an: „Schauen Sie lieber nach, was in Ihrem Land passiert, bevor Sie mein Land beleidigen!“

Vicente des Bosque ist später gefragt worden, ob da nicht vielleicht ein bisschen Tränengas auf den Rasen geweht wäre und seine Spieler beeinträchtigt hätte. „Nein, davon habe ich nichts bemerkt, und wir suchen auch nicht nach solchen Entschuldigungen“, sprach der spanische Trainer. „Heute war Brasilien einfach besser, und wir wussten ja, dass wir nicht unbesiegbar sind. Aber das war nur ein Spiel und nicht das Ende unseres Fußballs.“ Es war es ein Abend des Missvergnügens, mit noch einem weiteren Gegentor von Fred, dann verschoss Sergio Ramos auch noch einen Elfmeter. Und dann war da noch die Sache mit Shakira.

Die Popsängerin Shakira hat mit Fußball nicht viel am Mikrofon, aber sie ist die Freundin des Spaniers Gerard Piqué, sie hat ihm bei diesem Turnier der Erdteilmeister sehr öffentlichkeitswirksam die Daumen gedrückt. Auf der offiziellen Gästeliste des Finales stand sie noch vor dem brasilianischen Sportminister und dem Bürgermeister von Rio. Nun aber musste sie mit ansehen, wie der kleine Neymar noch einen Konter für Brasilien lief. Spielend leicht legte er sich den Ball vorbei an Piqué, der doch mal zu den besten Innenverteidigern der Welt gehörte, wie ja auch Spanien mal die beste Fußballmannschaft der Welt war. Am Sonntag Abend aber wurden er und seine Kollegen durch das Maracana gehetzt wie Stiere durch die Corrida. Piqué tat, was ein müder Stier tut. Er verlor die Kontrolle und trat Neymar aus vollem Lauf um, wofür er völlig zu Recht die Rote Karte sah. Zu seinem Abgang skandierten die Torcedores von Rio so laut, wie sie vorher das Comebacks ihrer Champions gefeiert hatten: „Shakira! Shakira!“

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