zum Hauptinhalt

3:0-Sieg im Prestigeduell: Deutschland spielt Holland an die Wand

Wenn es noch eines letzten Beweises bedurfte, dass Deutschland bei der EM im kommenden Jahr zu den Top-Favoriten zählt, dann erbrachte ihn das Team von Joachim Löw beim berauschenden 3:0-Erfolg gegen Holland auf beeindruckende Weise.

So ganz lässt sich der Aberglaube wohl nicht aus dem Fußball vertreiben. Bert van Marwijk, Trainer der niederländischen Fußballauswahl, lobte nach einer Trainingseinheit seiner Mannen am Vorabend das grüne Geläuf in der Hamburger Arena über den berühmten Klee. Es sei in einem tollen Stadion ein ganz fantastischer Rasen verlegt worden, sagte der Bondscoach und schmunzelte. Der Rasen, der in der Vorwoche frisch verlegt worden war, stammt aus – den Niederlanden. 

Ob das nun ein Vorteil sein werde für das Spiel gegen den Erzrivalen Deutschland, wurde van Marwijk noch gefragt. Doch dieser Frage wich der geschickt aus. Man werde sehen. Und man sah es, deutlicher sogar als vermutet. Die Deutschen nutzen den neuen Teppich und gewannen vor 51.500 Zuschauern locker und leicht mit 3:0 (2:0). Es war im 38. direkten Duell der 14. Sieg für die Deutschen bei zehn Niederlagen und 14 Unentschieden. Allerdings lag der bislang letzte Sieg der Deutschen 16 Jahre zurück. 

Nein, verlieren wollte keiner der beiden Großen des Weltfußballs das gestrige Spiel. Diese Duelle besitzen echten Klassikercharakter, sie sind seit Spielergenerationen prestigeträchtig, umkämpft und aussagekräftig. Von Spielen dieser Klasse gehen Signale in die Welt. Und so war es auch diesmal in Hamburg zum Abschluss dieses Länderspiel-Jahres. Die Niederländer kämpften verbissen und verloren, die Deutschen spielten und gewannen.  

Ganz nebenbei konnte Deutschland seit 2005 erstmals wieder ein Länderspieljahr mit einem Sieg abrunden und blieb zum ersten Mal nach zehn Spielen ohne Gegentor. Auch anders herum wäre die Bilanz nicht wirklich getrübt worden. Die deutsche Nationalelf ist mit zehn Siegen in zehn Spielen durch die Qualifikation zur EM gegangen, Joachim Löw hat die Mannschaft noch einmal verjüngt, sodass auf viele Positionen Alternativen vorhanden sind. Und die deutsche Elf zählt nach Siegen über Brasilien und den WM-Vierten Uruguay und nun Vizeweltmeister Niederlande zu dem besten, was der Weltfußball zu bieten hat. „Die Mannschaft ist stilsicherer geworden“, sagte Joachim Löw bescheiden. 

Lesen Sie auf Seite 2, wie Deutschland sich zum Sieg kombinierte.

Sein Gegenüber, Bondscoach Bert van Marwijk, musste allerdings auch auf prominente Namen seiner hoch gelobten Offensive verzichten: Robin van Persie wurde geschont, Arjen Robben trainiert erst seit Kurzem wieder mit dem Ball, und bei Rafael van der Vaart verhinderte ein Muskelfaserriss eine Rückkehr nach Hamburg. Auch Wesley Sneijders Einsatz war lange fraglich. Aber der Stratege von Inter Mailand konnte auflaufen, sah allerdings nach zwanzig Minuten schon die Gelbe Karte, weil er sich nur Fouls zu wehren wusste. 

Die deutsche Mannschaft spielte klar und behutsam, und wenn sich die Lücke auftat, ging es sehr schnell und vertikal. Nach einer Viertelstunde so zum ersten Mal zu beobachten, als Toni Kroos einen wunderbar getimten Pass auf Miroslav Klose schlug, der im Strafraum querlegte, wo Thomas Müller zur Führung vollendete. Nur zehn Minuten später war es Klose selbst, der dieses Mal als Kapitän auflief und nach eine Flanke von Mesut Özil per Kopf zum 2:0 traf. Es war Kloses 63. Tor für Deutschland. 

Joachim Löw besann sich nach dem Experiment in der Ukraine vor wenigen Tagen nun in seinem 75. Länderspiel als Bundestrainer auf die klassische, taktische Grundformation mit einer Vierer-Abwehrkette und Özil hinter der einzigen Sturmspitze Klose, der in Kiew noch gefehlt hatte und sein 113. Länderspiel bestritt. Im Tor stand wieder Manuel Neuer, nur der verletzte Bastian Schweinsteiger und der von Löw freigestellte Kapitän Philipp Lahm fehlten in Hamburg. Dessen Part auf der defensiven linken Seite übernahm erneut der Hamburger Dennis Aogo, der als erster Back-Up für den Münchner gilt. 

Die Niederlände hatten dem deutschen Spiel nicht viel entgegenzusetzen. Ihr Spiel war vorhersehbarer als das der Deutschen, was vor allem daran lag, dass das zentrale Mittelfeld der Deutschen mit den spielstarken Spieler Toni Kroos und Sami Khedira besser besetzt war als das der Gäste, bei denen Mark van Bommel und Kevin Strootman mehr zerstörten denn kreierten. 

Das Bild sollte sich auch in der zweiten Hälfte nicht sonderlich ändern. Das deutsche Team behielt die Kontrolle über das Geschehen, erspielte sich immer wieder gute Chancen, allein Klose vergab zweimal aus verheißungsvoller Position. Irgendwann aber verdingte sich Klose mal wieder aufs Vorbereiten. Dieses Mal drückte Özil den Querleger über die Linie, etwas mehr als eine Stunde war da gespielt, das Spiel war entschieden und Löw brachte in Mario Götze, Benedikt Höwedes, Simon Rolfes und Marco Reus vier neue Spieler. 

Für die Niederländer ging es fortan nur noch darum, nicht ganz ihr Gesicht zu verlieren. Das Hamburger Publikum besang bereits das Nachhausefahren der Gäste, es herrschte eine heitere Vergnüglichkeit im Rang, ein „Oh, wie ist das schön“, hat man lange nicht mehr gehört gegen eine Mannschaft wie die Niederländer, vielleicht auch noch nie. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false