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Da kann man sich schon mal freuen. Die deutschen Spieler nach dem überzeugenden 3:1 gegen Polen.

© Reuters

3:1-Sieg in der EM-Qualifikation gegen Polen: Der Weltmeister kommt wieder zu sich

Gegen Polen zeigt sich die deutsche Nationalelf spielfreudig wie lange nicht. Das macht Hoffnung auf ein erfolgreiches EM-Jahr. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Michael Rosentritt

Vielleicht ist es ja so, dass der Weltmeister erst einmal wieder Druck spüren musste. Schludrige wie schwerfällige Auftritte im Länderspieljahr nach dem WM-Triumph haben die deutsche Nationalmannschaft in Zugzwang gebracht. Gegen den bisherigen Gruppenersten Polen gab es in ihrer Gruppe eine erste kleine Finalsituation, und die hat die Mannschaft von Joachim Löw in Frankfurt leidenschaftlich gemeistert. Am Montag steht das Match in Glasgow aus, dann sollte das Ziel EM erreicht sein.

Mal ganz unabhängig vom emotionalen Spannungsabfall, mit dem das Weltmeisterteam ein langes Jahr zu kämpfen hatte, Polen ist alles andere als Laufkundschaft. Die Nachbarn haben eine schnelle und kräftige Mannschaft, da reift wieder eine gute Spielergeneration. Und dennoch war beim 3:1-Sieg am Freitagabend zu sehen, was ein ausgeruhter Sommer mal ohne Turnier oder Confed-Cup, ohne Amerika- oder Asienreise anrichten kann. Die Mannschaft von Löw präsentierte sich hungrig und hingebungsvoll. Sie war mit Elan dabei, Zug war drin, jeder wollte sich beweisen und hatte Lust aufs Spiel und ein gutes Ergebnis. Und so konnte Deutschland auch immer mal wieder spielerisch überzeugen mit wunderbaren Offensivkombinationen.

Man könnte auch sagen: Der Weltmeister kommt wieder zu sich. Einige verletzte Spieler wie Ilkay Gündogan oder Mats Hummels sind zurück, andere wie Mario Götze haben Form- und Sinnkrisen überwunden. Zudem boten sich die Neuen wie Jonas Hector und Emre Can als Alternativen an.

Gegen Polen lieferte die Mannschaft ihr bestes Spiel seit dem WM-Finale von Rio ab

Natürlich drohte ein Scheitern des Weltmeisters nicht wirklich, wo doch durch die Aufblähung der kommenden EM in Frankreich von 16 auf 24 Teilnehmer fast jedes zweite Land der Uefa Einzug findet. Den Deutschen aber geht ums Selbstverständnis, um die Gewissheit, weiter eine große Nummer zu sein. Also um Überzeugung.

Der Weltmeister ist im vergangenen Jahr in der Weltrangliste von Platz eins auf drei gerutscht. Das bedeutet wegen des merkwürdigen Rechnungsschlüssels nicht viel, heißt aber, dass irgendetwas nicht stimmte zuletzt. Und es waren eben nicht nur die Ergebnisse, die fehlten. Gegen Polen aber lieferte die Mannschaft ihr bestes Spiel seit dem WM-Finale von Rio ab. Der Weltmeister braucht diesen Schwung, eine EM ist nicht viel einfacher zu gewinnen als eine WM.

Nun hat noch keine Mannschaft der Welt in der Qualifikation zu einem Turnier den Titel gewonnen. Aber Lässigkeiten kann sich die Mannschaft von Joachim Löw nicht leisten. Dafür sind die kleinen Fußballnationen zu sehr gewachsen. Siehe das mühevolle 1:0 von Italien gegen Malta oder frag nach beim westlichen Nachbarn Niederlande (0:1 gegen Island).

Für die nun vermutlich freien Länderspieltermine im November und im kommenden März hat sich die deutsche Mannschaft prominente Gegnerschaft organisiert. Es geht gegen Frankreich, Italien und in Berlin gegen England. Das ist der richtige Weg. Da geht es zwar nicht um Titel, aber verlieren mag da keiner. Das schärft die Sinne und hält wach. Mit Blick auf Paris, wo das EM-Finale ausgetragen wird, könnte es schlechtere Aussichten geben.

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