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Sport: 700 Kilometer für das Ritual

Benjamin Großkopff huldigte dem BVB – heute kritisiert er ihn

FAN IN DER FREMDE

In Berlin gibt es nicht nur Hertha-Fans. Zu jedem Heimspiel stellen wir einen Anhänger des Gegners vor. Heute: Benjamin Großkopff, Politik-Student, 21. Er unterstützt Borussia Dortmund.

Es regnete hinein ins Volksparkstadion an diesem 17. April 1991, und Borussia Dortmund lag gegen den Hamburger SV 0:4 zurück. Es war mein erster Besuch bei einem Bundesliga-Spiel, durch einen Zufall stand ich im Gäste-Fanblock. Ich wunderte mich über diese Dortmunder Anhänger. Eigentlich hatten sie keinen Grund zur Freude, sie waren nass und geschlagen, doch sie feierten. Wild und ausgelassen, bis zum Abpfiff. Das imponierte mir. Seitdem wusste ich: Für mich kommt nichts anderes als der BVB in Frage.

Mein einziges Problem damals: Ich war erst neun. Vier Jahre musste ich warten, bis ich mir eine Dauerkarte kaufen durfte, dann bin ich zu jedem Heimspiel mit dem Zug gefahren. Hamburg-Dortmund, Dortmund- Hamburg, 348 km hin, 348 zurück, Jahre lang. Es war mein sonnabendliches Ritual.

Jetzt wohne ich in Berlin. Die Spiele des BVB verfolge ich nach wie vor, meist am Radio. Heute gehe ich natürlich auch ins Stadion. Aber meine Begeisterung ist nicht mehr dieselbe. Manchmal denke ich, das ist nicht mehr meine Mannschaft, die da spielt. Früher rackerten da echte Typen: Kutowski, Dickel, Zorc, vor allem Zorc. Genau über den bin ich jetzt am meisten enttäuscht. Weil er die Ideale der Mannschaft verraten hat, deren Star er einst war. Heute zählt in Dortmund nicht mehr Kampf und Arbeit, heute zählen schneller Erfolg, Kommerz und Vermarktung. Schade. Na ja, immerhin wird es so zu einem Sieg heute bei Hertha reichen.

Aufgezeichnet von Daniel Pontzen.

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