zum Hauptinhalt

Sport: 90 MINUTEN MIT Artur Wichniarek

Wie der jetzige Bielefelder und künftige Herthaner das Spiel beim FC Bayern erlebte

Wenn er nicht Fußball-Profi wäre, würde er sich selbstständig machen, hat Artur Wichniarek einmal gesagt. Vermutlich wäre es eine recht erfolgreiche Ich-AG, denn eine große Zielstrebigkeit zeichnet den Polen aus, wenn es um das Erreichen privater beruflicher Ziele geht. Als zweifachen Zweitliga-Torschützenkönig weist seine Visitenkarte den 25-Jährigen aus, der im nächsten Sommer zu Hertha BSC wechseln wird. So lange arbeitet er noch bei Arminia Bielefeld. An der Wertsteigerung des Produkts Wichniarek. Und am Klassenerhalt – „mit 100 Prozent“, wie er versprochen hat.

Beim gestrigen Gastspiel der Arminen im Münchner Olympiastadion dauert es lange, bis er zumindest ein paar Prozent einbringen kann. Nach drei Minuten läuft er ins Abseits, nach neun führt er einen Freistoß überhastet aus. Früh zeigt sich, dass dies nicht das Spiel ist, das für einem Mitschnitt zur Eigen-PR taugt.

Bielefeld greift nicht an, das heißt, Wichniarek ist beschäftigungslos. An dem mühseligen Versuch seiner Kollegen, sich den Angriffswellen der Bayern entgegenzustemmen, beteiligt er sich nicht. Nur bei ruhenden Bällen des Gegners orientiert er sich gelegentlich in den eigenen Strafraum, doch einen direkten Gegenspieler sucht er sich nicht. In der 18. Minute ist das zum Beispiel so. Nach einigem Durcheinander, das sich Wichniarek nicht uninteressiert anschaut, liegt Bielefeld 0:1 hinten.

Auch bei der WM war er Zuschauer, der achtmalige polnische Nationalspieler. Trainer Engel hatte Stürmer bevorzugt, die weit weniger erfolgreich agiert hatten in der vorangegangenen Saison. Als Grund deutete der Trainer an, Wichniarek sei nicht allzu beliebt bei seinen Mitspielern. Zu eigensinnig.

Gegen die Bayern bestätigt sich das zunächst nicht. Denn Wichniarek ist fast nie am Ball. Mehrfach läuft er ins Abseits, die Anspiele seiner Kollegen erreichen ihn nicht. In solchen Momenten baut sein Körper Spannung auf, so als wolle er jeden Moment losbrüllen. Aber er brüllt nicht.

Auch nicht, als das 2:0 fällt. Stattdessen stelzt er zornig an der Bank seines Trainers vorbei, ganz so wie ein beleidigter Schuljunge, der auf dem Pausenhof bei den Schlechten mitspielen muss. Wenig später, es steht inzwischen 3:0, erhält er endlich mal ein passables Anspiel. Doch als er, aufs Tor zulaufend, vom Bayern-Verteidiger Samuel Kuffour touchiert wird und zu Boden geht, kein Pfiff ertönt, spätestens da schließt Wichniarek ab mit diesem Spiel, zumindest wirkt es so, in dieser 39. Minute.

Zum Glück habe ich weiter gemacht, mag er sich später gedacht haben. Als sich die Bayern nach der Pause eine kurze Auszeit gönnten, ergibt sich seine Chance. Obwohl es zunächst gar nicht seine ist. Fatmir Vata setzt sich gegen Oliver Kahn durch, und als der kleine Albaner sein Werk vollenden will, wird er beim Schuss gehindert. Von Wichniarek. Der Pole setzt sich durch. Tor für Bielefeld, Schütze: Wichniarek. Soll erfüllt.

So spielt er von da an auch. Weiterer Wichniarek-Widerstand findet nicht statt. So schlecht fällt seine Bilanz schließlich nicht aus. Zwei Tore in zwei Spielen, das sind gute Zahlen. Und Zahlen sind die einzigen Kennwerte, auf die beim Fußball Verlass ist, das weiß jeder Stürmer. Die Aktien der Wichniarek-AG sind damit wieder ein bisschen gestiegen. Seiner Mannschaft aber hat er gestern nicht geholfen. Daniel Pontzen

NAME

Zur Startseite