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90 Minuten mit ...: Bastian Schweinsteiger

Gut eine Stunde ist gespielt im Wörtherseestadion zu Klagenfurt und die deutsche Mannschaft liegt 0:2 gegen Kroatien hinten. Es war für Bastian Schweinsteiger schon schwer verdaulich, dass Bundestrainer Joachim Löw ihn im Auftaktspiel gegen Polen nur eingewechselt hatte, und auch gegen Kroatien begann der Mittelfeldspieler auf der Bank.

Gut eine Stunde ist gespielt im Wörtherseestadion zu Klagenfurt und die deutsche Mannschaft liegt 0:2 gegen Kroatien hinten. Es war für Bastian Schweinsteiger schon schwer verdaulich, dass Bundestrainer Joachim Löw ihn im Auftaktspiel gegen Polen nur eingewechselt hatte, und auch gegen Kroatien begann der Mittelfeldspieler auf der Bank.

Auf den Kreativspieler ruhen noch einmal die Hoffnungen der deutschen Fans, die sich just im Moment des Wechsels bemerkbar machen. Schweinsteiger kommt für den harmlosen Stürmer Mario Gomez. Lukas Podolski, der Schweinsteigers Platz im linken Mittelfeld seit eineinhalb Spielen innehat, rückt vor in den Sturm. So kann Schweinsteiger in seine Lieblingsrolle schlüpfen. In seinen Schritten steckt Dynamik, es ist ihm anzusehen, dass er brennt, dass er noch einmal das Unmögliche möglich machen will. Tatsächlich hilft seine Hereinnahme der Mannschaft. Es gelingt ihm, einige Impulse durch Dribblings und gewonnene Zweikämpfe zu setzen. Er ist nicht einmal zehn Minuten auf dem Platz, da setzt er sich gegen zwei Kroaten durch, taucht in Strafraum ein und zieht mit links ab. Der Ball fliegt am langen Pfosten vorbei. Es war der Weckschuss in die beste Phase der Deutschen an diesem Abend. Nur wenige Minuten später gelingt Podolski der Anschlusstreffer.

Schweinsteiger ist anzumerken, dass er sich damit nicht zufrieden geben will. Er marschiert die linke Seite rauf und runter. Er versucht das Spiel zu ordnen, teilweise kriegt er sogar so etwas wie eine Struktur rein. Schweinsteiger will seine Chance nutzen und ist auf dem besten Weg, sich in die Stammelf zu spielen.

In dieser Form wird Löw auf ihn nicht verzichten können. In der Nachspielzeit rackert er an der eigenen linken Eckfahne. Die Kroaten spielen auf Zeit, Schweinsteiger erobert sich den Ball. Doch der Kroate Jerko Leko grätscht ihm von hinten in die Beine. Noch im Fallen gelingt es Schweinsteiger, den Ball abzuspielen, doch dann kann er sich in den folgenden ein, zwei Sekunden nicht beherrschen. Im Aufstehen schubst er Leko um. Der Schiedsrichter hat es gesehen. Er pfeift sofort und zeigt Schweinsteiger ohne Zögern die Rote Karte. Dieser versteht die Welt nicht mehr. Er braucht 30 Sekunden, um das zu realisieren, dann macht er sich auf flinken Füßen vom Feld. Sein Weg führt ihn direkt in den Spielertunnel. Unterwegs zeigt er, wem auch immer, einen Vogel.

Hinterher sagt Löw, dass er die Szene gar nicht genau gesehen habe. Der Bundestrainer holt das am Fernseher nach. Dann sagt er: „Ich denke, es war eine Unsportlichkeit, aber keine Tätlichkeit.“ Für Ersteres könnte Schweinsteiger mit einer Sperre von einem Spiel davon kommen – wertet die Uefa die Szene als Tätlichkeit, würden es mindestens drei Spiele. „Es lässt sich leider zu diesem Stoß hinreißen“, sagt Löw und schüttelt den Kopf: „Das hätte er nicht dürfen.“ Die Aussicht, bei dieser EM noch einmal groß aufzutrumpfen, ist für Schweinsteiger gesunken.Michael Rosentritt

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