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90 MINUTEN mit …: Branko Jelic

Wie der Cottbuser zweimal gegen Bayern traf

Es hat schon Spieler gegeben, die sich nach einem Sieg gegen den FC Bayern selbst gefeiert haben. Stürmer, die mit glänzenden Augen vor jeder Kamera damit prahlen, wie cool sie angesichts des herausstürzenden Oliver Kahn geblieben sind. Branko Jelic ist kein solcher Spieler. Der Serbe hält die Hände fromm gefaltet und die Stimme gesenkt, als jeder von ihm wissen will, wie er sich am größten Tag seiner Karriere fühlt.

Schon drei Minuten nach dem Anpfiff zeigt sich, dass Jelic Großes vorhat. Eine flache Hereingabe lenkt er mit der Hacke ans Außennetz. Nach 18 Minuten trifft er wieder das Netz, diesmal die Innenseite. Geschickt hat er die Lücke zwischen den Münchner Innenverteidigern gefunden. Cottbus verteidigt danach verbissen, Jelic lauert in der Spitze. Es ist erst sein siebtes Spiel für Energie, bis zur Winterpause stand er beim chinesischen Erstligisten Xiamen Lanshi unter Vertrag. In China war er Torschützenkönig und wurde zum wertvollsten Spieler gewählt. Bevor er nach Cottbus kam, hatte er zwei Monate lang nicht gespielt. „Er musste erst für die Bundesliga fit werden“, sagt sein Trainer Bojan Prasnikar. Nur gegen Bochum traf Jelic bisher, nie stand er länger als eine Halbzeit auf dem Platz.

Am Sonnabend spielt Jelic nur deshalb von Beginn an, weil Michal Papadopulos verletzt fehlt. Nervös ist er trotzdem nicht. Sein zweites Tor sieht überlegt aus, nach Pass von Stiven Rivic wartet er ab, bis Kahn sich bewegt und schiebt den Ball in die andere Ecke. „Ich habe nicht nachgedacht“, sagt er hinterher.

In der zweiten Halbzeit verteidigt Cottbus mit neun Feldspielern am eigenen Strafraum, Jelic lauert am Mittelkreis. Wenn Energie kontert, zeigt er seinen Mitspielern an, wo er den Ball hinhaben will. Doch die Kräfte bei den Cottbusern schwinden, die Präzision bei den Pässen ist dahin. Jelic applaudiert trotzdem jedes Mal, auch wenn ihn ein Anspiel um Meter verfehlt.

Nach 68 Minuten wird der 30-Jährige ausgewechselt, für ihn kommt der Chinese Jiayi Shao. Auf dem Weg zur Außenlinie bekreuzigt sich Jelic und winkt ins Publikum, das ihn in Sprechchören feiert. Den Rest des Spiels verfolgt er von der Bank. Als sich die Mannschaft nach dem Sieg bei den Fans bedankt, ist er wieder auf dem Rasen. Später muss er aufgeregten Reportern nicht nur Spielszenen aus seiner Sicht beschreiben, sondern auch über die Zahl seiner Kinder unterrichten und deren Namen buchstabieren. Er tut das entspannt, als würde er täglich Abstiegskandidaten zum Sieg gegen die Weltauswahl FC Bayern schießen. „Ich glaube, heute habe ich meine Qualitäten zeigen können“, sagt er.

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