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Sport: 90 MINUTEN MIT Valerien Ismael

Wie Werders Verteidiger den Sieg gegen den BVB erlebte

Das Tor hing wie ein Fluch an ihm. 13. September 2003, Hinrunde, Werder Bremen bei Borussia Dortmund, Valerien Ismael (Foto: ddp) wird zur traurigen Figur, weil er mit einem kuriosen Kopfball das Eigentor des Jahres erzielt. Bremen verliert 1:2. „Nach dem Spiel in Dortmund habe ich tagelang schlecht geschlafen. Diesmal will ich das richtige Tor treffen." Der 28-Jährige hat das vor dem Rückspiel gesagt. Er gilt als Hauptfigur, „Valerien Ismael: Spitze“, titelt das Werder-Magazin mit ihm auf dem Titel. Ismael ist zum Vorzeigeprofi geworden. Hat binnen acht Monaten Deutsch gelernt, ist zentrale Figur der Viererkette, stets einer der Besten und hat als Erster von der Meisterschaft geredet. Als die Mannschaften einlaufen, trägt Ismael als Einziger bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ein kurzärmeliges Trikot.

Erst einmal erledigt er mit kühlem Kopf seine eigentliche Arbeit: Er klärt per Kopf im eigenen Strafraum, geht dazwischen, als Abwehrkollege Krstajic dem Schauspieler Kehl an den Kragen will. Früh kommt die Chance, den Irrtum aus dem Westfalenstadion zu korrigieren. Ismael kommt freistehend vor dem Tor an den Ball, zögert aber einen Moment, einen zweiten, zu lange, Schuss abgewehrt, Chance vertan. Der 1,91 Meter große Franzose schüttelt sein Haupt, hebt die Hände ans Kraushaar. „Unser Ehrgeizigster“, sagt Sportdirektor Klaus Allofs. Das Publikum honoriert das: Als Ismael mit langem Bein den kleinen Ewerthon stoppt, gibt es Applaus. Dann widmet sich der Mann seiner Herzensaufgabe: Er schießt aus großer Distanz zwei Freistöße, Landsmann Guillaume Warmuz pariert. Beim dritten Versuch in der 57. Minute rauscht der Ball in den Winkel, weil Guy Demel, einer von vier Franzosen auf dem Platz, den Kopf in die Schussbahn bringt. Ismael ist kaum zu stoppen, Sprint an die Außenlinie, der Mund aufgerissen, die Arme ausgebreitet. Wilde Umarmungen. Dann auf den Platz die Fäuste geballt, das Publikum angefeuert. So sehen Siegertypen aus.

Trainer Thomas Schaaf sagt später, dass er die ganze Woche gemerkt habe, was sich der Franzose vorgenommen habe. „Er wollte es besonders gut machen.“ Schaaf findet, dass Krstajic und Ismael „eine richtige starke Zentrale sind“. Beide beweisen es bis zum Rest des Spiels, sie sprechen viel, oft muntern sie sich auf.

Schlusspfiff: Wieder ballt Ismael die Fäuste, dann umarmt ihn ganz Bremen. Aus den Boxen tönt: „Bei Werder Bremen wackelt die Wand – der Deutsche Meister kommt vom Weserstrand.“ Dank Ismael. Der Verteidiger mit dem mächtigen Schuss hat eine überragende Zweikampfbilanz und die meisten Torschüsse abgegeben. „Alle haben mich nur auf das Eigentor angesprochen: Das war meine Antwort.“ Auch hinterher bei den vielen Interviews erledigt der Mann seinen Job wie ein Musterprofi. Er hat ein größeres deutsches Vokabular als alle anderen Franzosen der Liga zusammen. „Das gehört zu einer 100-prozentigen Arbeit dazu. Ich will meine Probleme hier auf Deutsch lösen.“ Oder mit einem Tor.

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